Freitag, 18. Juli 2025

Auch ein Eis!

 

Diese Woche hatte ich einen Flirt. Der ist mir in besonderer Erinnerung geblieben, nicht weil das wie böse Zungen behaupten im gesetzten Alter nur noch spärlich vorkommt. Sondern wegen seines Ausgangs. Die Sonne schien, ein gleich losbrechendes Gewitter war nur wenig mehr als eine krude Vorahnung, ich hatte Zeit und mischte mich unauffällig unter die Touristenschar, um mit Turnschuhen und Rucksack durch die weltschönste aller mittelalterlichen Gassen zu flanieren und ah und oh zu machen. Da kam mir ein junger Mann entgegen, der, das war deutlich zu erkennen, mich schon aus weiter Entfernung fixierte und tief in meine Augen sah, um mir im Vorbeigehen begehrliche Blicke zuzuwerfen. Ich lächelte, freute mich des Lebens und ging meiner Wege. Nur Sekunden später ertönte hinter mir ein tosendes Gebrüll, und als ich mich umsah, warf sich ebenjener junge Mann verzweifelt von links nach rechts, tobte auf dem Gassenboden und sorgte für ein rechts Gewese. Ich freute mich und setzte meinen Weg unbeeindruckt fort, während hinter mir das Geschrei immer lauter tönte: „MAMAPAPA ICH WILL AUCH EIN EI-HEI-HEI-HEI-HEEEEEEEIS!!“ Denn in Wahrheit war es natürlich nicht ich, die der Knabe mit seinen Augen verschlungen hatte, sondern die Waffel mit der fürstlichen Kugel Eis darin, die ich mir kurz zuvor gegönnt hatte. „Haha“, hab ich in mich reingegrinst, vielleicht auch ein bisschen aus mir raus. „Ich hab mir einfach ein Eis gekauft, superunvernünftig auf fast nüchternen Magen vor dem Mittagessen, und wahrscheinlich ist mir gleich ziemlich oll, aber es musste sein, weil’s grad so schön gepasst hat in dieser schönen Eisgerbergasse und weil ich Lust hatte – und weil ich’s KANN!“ Tu felix Erwachsenenleben! Jaa, es gibt Sachen, die nerven gewaltig (Einkaufen, Steuererklärung, Vorsorgeuntersuchungen). Aber es gibt vor allem auch Sachen, die einfach nur wundervoll sind. Allem voran, dass ich mein eigenes Geld habe und das ganz nach gusto ausgeben kann, wann und wie es mir gerade passt – zumindest weitestgehend (Einkaufen, Steuer, Vorsorgeuntersuchungen) und ich in lebenswichtigen Entscheidungen und Notwendigkeiten meine Eltern nur noch einbeziehe, wenn ich möchte, und nicht, weil ich von ihnen abhängig bin. Man stelle sich das als erwachsener Mensch nur mal vor, man bedürfe für die Erfüllung eines jeden Wunsches und Bedürfnisses erst den elterlichen Segen! „Mamapapa, ich bräuchte neue Turnschuhe.“ – „Iwo, Kind, da kleben wir Gaffa drauf und dann gehen die noch.“ Oder „Papapapa ich brauch Geld fürs Geschäftsessen heute!“ – „Ich habe dir doch gestern erst zwei Euro gegeben. Mach dir eine Stulle!“ oder „Mamamama ich möchte heiraten!“ – „Also wirklich, Kind, nur weil die anderen das jetzt machen heißt das doch nicht, dass du das auch machen musst. Du bist auch so besonders!“ Nein, die Zeiten sind zum Glück vorbei. Noch ein Eis jemand?

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