Diese Woche hatte ich einen Flirt. Der ist mir in besonderer
Erinnerung geblieben, nicht weil das wie böse Zungen behaupten im gesetzten
Alter nur noch spärlich vorkommt. Sondern wegen seines Ausgangs. Die Sonne
schien, ein gleich losbrechendes Gewitter war nur wenig mehr als eine krude
Vorahnung, ich hatte Zeit und mischte mich unauffällig unter die
Touristenschar, um mit Turnschuhen und Rucksack durch die weltschönste aller
mittelalterlichen Gassen zu flanieren und ah und oh zu machen. Da kam mir ein junger
Mann entgegen, der, das war deutlich zu erkennen, mich schon aus weiter
Entfernung fixierte und tief in meine Augen sah, um mir im Vorbeigehen
begehrliche Blicke zuzuwerfen. Ich lächelte, freute mich des Lebens und ging
meiner Wege. Nur Sekunden später ertönte hinter mir ein tosendes Gebrüll, und
als ich mich umsah, warf sich ebenjener junge Mann verzweifelt von links nach
rechts, tobte auf dem Gassenboden und sorgte für ein rechts Gewese. Ich freute
mich und setzte meinen Weg unbeeindruckt fort, während hinter mir das Geschrei
immer lauter tönte: „MAMAPAPA ICH WILL AUCH EIN EI-HEI-HEI-HEI-HEEEEEEEIS!!“
Denn in Wahrheit war es natürlich nicht ich, die der Knabe mit seinen Augen verschlungen
hatte, sondern die Waffel mit der fürstlichen Kugel Eis darin, die ich mir kurz
zuvor gegönnt hatte. „Haha“, hab ich in mich reingegrinst, vielleicht auch ein
bisschen aus mir raus. „Ich hab mir einfach ein Eis gekauft, superunvernünftig auf
fast nüchternen Magen vor dem Mittagessen, und wahrscheinlich ist mir gleich ziemlich
oll, aber es musste sein, weil’s grad so schön gepasst hat in dieser schönen
Eisgerbergasse und weil ich Lust hatte – und weil ich’s KANN!“ Tu felix
Erwachsenenleben! Jaa, es gibt Sachen, die nerven gewaltig (Einkaufen,
Steuererklärung, Vorsorgeuntersuchungen). Aber es gibt vor allem auch Sachen,
die einfach nur wundervoll sind. Allem voran, dass ich mein eigenes Geld habe
und das ganz nach gusto ausgeben kann, wann und wie es mir gerade passt –
zumindest weitestgehend (Einkaufen, Steuer, Vorsorgeuntersuchungen) und ich in
lebenswichtigen Entscheidungen und Notwendigkeiten meine Eltern nur noch
einbeziehe, wenn ich möchte, und nicht, weil ich von ihnen abhängig bin. Man
stelle sich das als erwachsener Mensch nur mal vor, man bedürfe für die
Erfüllung eines jeden Wunsches und Bedürfnisses erst den elterlichen Segen!
„Mamapapa, ich bräuchte neue Turnschuhe.“ – „Iwo, Kind, da kleben wir Gaffa
drauf und dann gehen die noch.“ Oder „Papapapa ich brauch Geld fürs
Geschäftsessen heute!“ – „Ich habe dir doch gestern erst zwei Euro gegeben.
Mach dir eine Stulle!“ oder „Mamamama ich möchte heiraten!“ – „Also wirklich,
Kind, nur weil die anderen das jetzt machen heißt das doch nicht, dass du das
auch machen musst. Du bist auch so besonders!“ Nein, die Zeiten sind zum Glück
vorbei. Noch ein Eis jemand?
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