Der Mann ist glücklich. Das ist schön, denn meist bin ich
das dann auch, was wiederum gut für ihn ist, weil happy wife, happy life.
Prinzipiell. Aktuell geht die Rechnung aber irgendwie nicht auf. Doch während
ich noch darüber nachsinne, entwickelt der Mann großen Aktionismus. Kerzen
werden nach einigem Gewühl in einschlägigen Schubladen entzündet, das Ambilight
ebenfalls. Man braut Kräutertee, unterzieht Teekanne und Stövchen einer eiligen
Grundreinigung. Wärmflaschen werden aufgekocht, die schicke leichte
Musselindecke wird in denselben Untergrund verbannt, aus dem zugleich wärmende
und Heizdecken hervoroperiert werden. „ENDLICH“, schreit der Mann nach getaner
Arbeit, „FERNSEHEN!“ und schmeißt sich mit Effet aufs Kanapee, aus dem in einer
großen Staubwolke auch noch die letzten feinen Flöckchen Sommer emporstieben.
Durch den trüben Dunst erkenne ich eine wedelnde Fernbedienung, die mich
fröhlich auf die Couch einlädt … Ich kann die Freude durchaus nachvollziehen
und sogar teilen. Draußen stürmt und windet es, Regen verschiedenster
Darreichungsform kommt mal von links, mal von rechts und dann plötzlich von
unten. Kein Spaziergang ist zu tun, kein Biergarten zu besuchen, kein Garten zu
bestellen – ab jetzt wird gefaulenzt und fläzend kontempliert. Über den Sommer
haben sich Listen mit Film- und Serienempfehlungen angehäuft, die man jetzt
locker abarbeiten kann. Könnte. Denn mit dem einschalten der Flimmerkiste
öffnet sich gleichsam die Büchse der Pandora, und ich weiß: In zehn Minuten
habe ich Kopfschmerzen, tränende Augen und stehe kurz vor dem
Nervenzusammenbruch. Der Verursacher des Unzustandes? Glasklar:
Streamingdienste. Ich kann, das haben wir ja jetzt vielleicht schon
mitbekommen, mit Überangeboten nicht umgehen. Deswegen kauf ich lieber im
Zwergenladen um die Ecke ein – beim Betreten eines großen Supermarktes erleide
ich nach kurzer Zeit einen Schlaganfall, wenn ich nicht direkt verloren gehe.
So ist das auch beim Fernsehen, dessen lineare Variante ich stets vorziehe: Es
gibt ein Programm, das hat jemand kuratiert, und entweder schaff ich’s
pünktlich um 20.15 Uhr zum Samstagabendfilm oder nicht, entdecke dann beim
Zappen aber eine wunderbare Doku über die kirgisische Steinmaus und bin
zufrieden. Ganz anders das Streaming. „Gucken wir halt mal was es gibt!“
bedeutet nämlich, in wechselnder Reihenfolge sämtliche Angebote zu
durchforsten, währenddessen der Unmenge an Diensten gewahr zu werden, die man
peu a peu abonniert hat, und nach einer Stunde zwar immer noch keinen Film
gestartet zu haben, dafür aber 37 neue Sendungen auf eine Merkliste gesetzt zu
haben, an deren Auswahl man sich beim nächsten Mal nicht mehr erinnert und
schon geht’s wieder von vorne los … Während der Mann irgendwo ein Fußball
entdeckt hat, weine ich ein bisschen und wiege mich in den Schlaf. Das Setting
hierfür passt immerhin.
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