Samstag, 8. März 2014

Essen mit Würde


Vegan versus Schweinebauch, Demeter versus Discounter, Zero versus Zucker … Eigentlich können mir diese Kategorien gestohlen bleiben. Das einzige, was bei der Auswahl von Nahrung wirklich zählt ist: Ist ein würdevoller Verzehr in der Öffentlichkeit möglich oder nicht? Prinzipiell geeignet sind beispielsweise Salzstangen. Die kann man sich als Antennen in die Ohren oder als lustige Zähne unter die Lippe stecken, muss aber nicht. Ebenfalls prinzipiell geeignet sind Spaghetti. Die kann man sich tellerweise in den Mund schaufeln und dann alles, was raushängt, sauber mit der Schere abschneiden, muss aber nicht. Auf Milchschnitte trifft das gleiche zu: Hineinbeißen oder in einem komplizierten Nag- und Schab-Vorgang versuchen, die mittlere Schicht von den beiden äußeren zu trennen – c’est en vous. 

Und dann gibt es da aber so Sachen, die sind garstig, hinterfotzig und gemein, unzufrieden mit ihrem Dasein und darob arglistig, missgünstig und schadenfroh. Und deswegen darf man nie, niemals auf ihr schmeichelndes Äußeres hereinfallen und sich geblendet von Versuchung zu einem Verzehr an Ort und Stelle hinreißen lassen. Niemals! Beginnen wir mit dem profanen Döner und dem nicht minder profanen Burger, letzterer freilich nicht vom Schachtelwirt sondern dem Bratling unseres Vertrauens. Wenn der nämlich serviert wird, also der Burger, ist er meistens ungefähr so dick wie die Sammelausgabe „Herr der Ringe“, und hat da schon mal jemand versucht, hineinzubeißen? Eben. Man hat die Wahl, entweder schlangengleich den Unterkiefer auszuhängen und das Trumm im Ganzen zu inhalieren, oder beim Versuch, weniger gefräßig zu erscheinen, das Risiko einzugehen, hinterher nicht etwa eine Serviette, sondern direkt eine Dusche zu benötigen, weil einem die Soße bis zu den Ellenbogen hinabrinnt. 

Ähnliches gilt für den Döner: Beißt man links hinein, fällt alles heraus, gleiches gilt für rechts. Also entscheidet man sich notgedrungen für die Mitte, mit dem Effekt, die kommenden Minuten als Batman-Gedenk-Fratze mit joghurtsoßenbedingter Joker-Maskierung zu verbringen. Sozusagen die Königsklasse der Entwürdigung ist und bleibt jedoch der Krapfen. Kardinalsfehler 1: Puder- statt grobem Zucker wählen. Kardinalsfehler 2: Ungeduldig sein und nicht mit Kennermiene das Gebäck in der Hand wiegen, um den Schwerpunkt zu erforschen. 3: Das durchaus getan haben, jedoch dem kindlichen Zwang erliegen, löwengleich die rote Beute von außen einkreisen zu müssen. 4: Wieder nicht wissen, wann’s genug ist. Und dann passieren plötzlich Dinge gleichzeitig und mit denen unweigerlich ein großes, ästhetisches Unglück. Auf der einen Seite schießt das Hiffenmark in alle Richtungen, nur nicht in die orale, derweil’s genau in diesem Bereich aussieht, als hätte vier-Promille-Pete durch den gerollten Hunderter geblasen statt daran zu ziehen. Es gibt also einen weiteren Grund zur Freude darüber, dass die hahalustigefünfte Jahreszeit vorbei und die Phase der inneren Einkehr und Buße gekommen ist. 

Schnell die Salzletten ans Ohr gesteckt und los: „Fette Henne“ im Cult (Dooser Straße), „Wicked Game“ im Stereo (Klaragasse), „Indian Space Night“ in der Desi (Brückenstraße), „We love 90s“ in der Bar77 (Luitpoldstraße, neben an der „Lui Lipstick“, „12 Y Kabbala“ in der Rakete (Vogelweiherstraße) und „First Friday“ im Mach (Kaiserstraße). Am Samstag die „Im Zeichen der Burg“-Release-Party in der KK( Königstraße), „Renegade Snares“ im Nano (Königstraße), „Music for Devoted People“ im Parks (Berliner Platz), „Buckshot“ im Stereo, „Bloody State of Mind“ im Zentralcafé (Königstraße), „Pull the Trigger“ im Hirsch (Vogelweiherstraße), „Disco Classics“ im Terminal (Flughafenstraße) und das gute und vor allem alte „Ü30“ im Löwensaal (Schmausenbuckstraße). Wer zwischendrin à la „Last night a Döner saved my life“ dringend essen muss, dem ist vermutlich auch wurscht, wie er dabei aussieht.

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