Habe in den vergangenen Tagen mal wieder mehrere Sinnkrisen durchlitten. Nein, wie immer keine dem fortgeschrittenen Alter geschuldeten. Auch keine, die bedingt sind durch Familien- oder Kontostand, der Mensch ist ja leidensfähig. Was mir zu großer Not gereicht und vor allem zu großer Verspätung, das ist die Wahl der Gewänder. Jetzt verdreht ihr die Augen und winkt ab und „Wasmeierin, das ist doch ein alter Hut, mit dem Zwiebelschichten und so!“, aber das ist es auch nicht. Der moralische Zwiespalt, das Dilemma, des Pudels Kern, der mich umtreibt und verwirrt, obgleich er auf den ersten Blick so beschämend profan wirkt, ist: Welche Farben soll ich denn bloß wählen? Weil es ist ja so, dass ich und eigentlich alle Menschen – Keine Widerworte, ich hab’s gesehen! – nach einem weiß- und pastellgehüllten Sommer alljährlich peu à peu in trauerweidenhafte Winterklöße metamorphisieren. Hier und da eine leuchtend gelbe Trutzburg gegens Nebeltrüb, ein knallroter Revoluzzer gegen Depression, und das war’s dann.
Der Rest mutiert zum kollektiven Chamäleon, das eins wird mit der braun-grau-khaki-gewordenen Grabeslandschaft, und der Mensch kann sich glücklich schätzen, nicht versehentlich vom Laubbläser von dannen geblasen zu werden, weil er aussieht wie so ein armes Laub, ein wurmzerfressenes. Mit den ersten schüchternen Schneeglöckchen, Palmkätzchen und Kroküsschen wirft der ungestüme Mensch nach Monaten der Darbnis den Gore-Tex-Kokon empört von sich, um ihn jedoch alsgleich schlotternd wieder feste umzubinden, weil es ist kalt und der Krokus eine falsche Sau. Das geht dann ein paar Wochen so, bis sich die Welt am End verkehrt hat und zwischen lauter kurzen Leinenhosen hier und da ein Uggboot verirrt, aber wer die trägt, der, also, nun ja, sagen wir, das muss es ja auch geben. Wir fassen zusammen: Es handelt sich um einen Prozess des gemächlichen Übergangs. Und nicht, verflixt und zugenäht, so wie jetzt, dieses ganz und gar empörend eilige Frühlingsgedöns!
Immerzu langt der Autopilot zum dunklen Oberkleid, zur Uniform des Winters, und dann ruft das sonnenblinde Auge der Hand zu „Halte ein, du Dummerchen, schau aus dem Fenster!“ und dann greift die Hand zum Weißgelbtürkisrosé und dann passt das aber auch nicht weil es ist doch eigentlich noch zu früh im Jahr und dann hab ich ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Winter weil der kann doch auch nichts dafür, dass er nichts zustande gebracht hat dieses Mal, aber muss man ihn deshalb gleich so strafen und ihm höhnisch ins Gesicht lachen, während er doch eh schon mit dem Rücken zur Wand steht, der arme Wurm, muss man da noch drauftreten, wo er am Boden liegt und sich windet? Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen: Ich kann. Ich hahalach ihm ins Gesicht und dreh ihm eine lange Nase und schlüpf hinein ins Frühlingsfrisch. Die Strafe für den Übermut, die wird schon noch kommen, aber was kümmert mich morgen mein Geschwätz von heute, und nachts sind alle Katzen bunt.
Qoud erit demonstrandum: „Sputnik“ (Mitte, Hallplatz), „Hands Up“ (Mach1, Kaiserstraße), „Dancing with tears in my eyes“ (Zentralcafé, Königstraße), „Querbeat“ (KK, ebd.), „Pon di Attack“ (Nano, ebd.), „Go!Gitarre!Go! Special“ (Stereo, Klaragasse), „Be twentyfive“ (Bar77, Luitpoldstraße), „Soul Flight“ Terminal, Flughafenstraße). Und am Samstag: „Retro Party“ (Parks, Stadtpark), „5 Jahre Indabahn“ (Bahnhofsplatz), „Indie, Jack & Rock’n’Roll“ (Resis, Klingenhofstraße), „Tune in“ (Desi, Brückenstraße), „Why so serious“ (Rakete, Vogelweiherstraße), „Homemade“ (ArtiSchocken, Landgrabenstraße), „More Fire“ (Stereo), „Allnighter“ (Nano), „Kings Clubbing“ (Lui/tpoldstraße), sowie standesgemäß in den Farben der Saison „Der rosa Samstag“ (Große Liebe, Engelhardsgasse). Ich metamorphosier‘ mich jetzt in ein Blumenbeet. Und wehe, da kommt ein Laubbläser!
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