Freitag, 16. Mai 2014

Floristen

Ein Mensch erlitt einst auf der Reise von der Westvorstadt zurück in die heimatliche Noris einen Einfall. Nämlich den, mich mit Blumen zu überhäufen. Mit quietschenden Kufen hielt er die Kutsche vor dem nächstbesten nach Grün aussehenden Geschäft, sprang hurtig hinein und kam nach zähen 25 Minuten wieder heraus. In die Hand drückte er mir stolz etwas, das ich aus Papier schälte und weise sprach: „Oh wie schön, ein Grabgesteck. Danke!“ Wir verließen den Friedhofsparkplatz, die Stimmung war so eher mittel. Grabbeigaben hielten sich fürderhin in Grenzen, alle weiteren floristischen Erzeugnisse jedoch ebenfalls. Augen auf beim Blumenkauf, sag ich da. Der Florist als solcher tut halt, was er kann. 

Ob’s jetzt an den Floristen oder an mir liegt, dass ich in letzter Zeit ausschließlich Sträuße zu bezahlen gezwungen war, die aussahen, als würde ich eine entfernte Tante lieblos zum Zweck der Erbschleicherei heimsuchen – ich weiß es nicht. Gut, wenn mir einfällt, dass ich ein Bouquet benötige, ist es gerne mal Samstagnachmittag um 16 Uhr. Da ist der Florist halt schon daheim, weil Blumenkauf was für strukturierte Menschen ist und nicht für solche wie mich, die sich im Zweifel auch kurzerhand am Nachbarsbeet erfreuen. Würden. Wenn ich dann also völlig verzweifelt nach 17 feierabendlichen endlich einen werktätigen Blumenschmücker gefunden habe, ja mei, da hast halt dann auch eher nicht mehr so die Wahl, sondern musst dich in stille Dankbarkeit kleiden. Und hoffen. 

Weil jetzt sagt man dem designierten Retter: „Ich brauche dringend … für … der/die mag gerne … und ist … nur als Geste … und wenn’s geht dann für unter 100 Euro.“ Dann such ich eine Blume aus, die meinem Auge wohltut, und dann stellt der Mensch die Frage: „Soll’s ein bisschen Grün außenrum sein?“ und ich sag in meiner Verzweiflung folgenschwer: „Ja gern.“ Und dann beginnt sich der Florist künstlerisch zu entfalten, und dann weiß man auf einmal auch, warum der als einziger der Gilde um die Zeit noch offen hat: Er oder sie MUSS das tun, weil sonst wär der Laden schon längst dicht, weil niemand, der halbwegs bei ästhetischem Verstand ist, ein zweites Mal  hier einkauft! 

Da werden Nadelhölzer und Farne zum Schafott gewunden und Moose um hilflos-zarte Blüten drapiert, festgezurrt mit Wattebäuschen und knatschig-bunten Papierkordeln, damit das arme Pflänzchen bloß nicht fliehen kann vor der Zwangsehe, und zum krönenden Abschluss kommt noch Glanzspray übers grüne Elend, das vermutlich ablenken soll von der kompositorischen Katastrophe und das Auge blenden. Bei mir zumindest funktioniert’s, ich will dann nur noch ganz schnell bezahlen, bevor dem Blumen-Mörder noch ein pfiffiger Kniff einfällt, mit dem er selbst seine Profession karikiert. Da lass ich mir doch für mein Geld lieber Biertulpen befüllen. Und hole mir nach Möglichkeit kein Veilchen. 

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