Hab grad mal nachgelesen: „Die heutige Form des Vatertagsfeierns ist Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin und Umgebung aufgekommen […] Kernelement war die Einweihung der Jüngeren in die Sitten und Unsitten der Männlichkeit.“ Und weiter unten: „Aufgrund des erhöhten Alkoholkonsums […] gibt es […] erheblich mehr Schlägereien als an gewöhnlichen anderen Tagen.“ Aha. Nun gut, Jungs. Jetzt, wo ich dezidierte Informationen über diesen althergebrachten Initiationsritus habe, möchte ich euch, ohne dass das vorher der Fall gewesen wäre, keinesfalls im Wege stehen. Gottlob gibt es mit „Herrentag“ einen Alternativnamen für dieses Datum, der auch die bislang fortungepflanzten Knäblein autorisiert, ihr Dasein qua Geschlechtszugehörigkeit zu feiern. Dass irgendwer mal auf die unsinnige Idee gekommen ist, den 29. Mai in irgendwas mit Christi und Himmelfahrtskommando zu umzubenennen, muss euch dabei ja nicht stören.
Es gibt wichtigeres zu erledigen: Hackordnungen durch niedliche Rangkämpfe bestimmen(„Ey, der Theo pennt jetzt schon seit zwei Stunden im Bollerwagen, ich will auch!“ – „Halt die Klappe, Kevin, und zieh weiter!“), Feinmotorik tunen („Iff muff glaub iff umkehren, daff mit dem Bierflaffen öffnen und den Pfähnen ging früher beffer!“), Grobmotorik auch („Fünf Peso, dass du’s nicht schaffst, einen Kreis um dich zu pinkeln!“) und dem Minnegesang noch den letzten Schliff verleihen („Öööööi Aaaalter Tittenaaaaaaaaarsch WUHUUUU!“). Das kann man freilich am besten, wenn man unter sich bleibt, weil da ist die soziale Kontrolle hoch und die Schamgrenze … ähm … nicht so. Aber, liebe Knaben – das passt schon. Lasst euch bloß nicht von progressiver Rewe- oder Nivea-Werbung einreden, der Vatertag sei in irgendeiner Weise dazu angedacht, sich auf Familie zu besinnen. Radltouren zum Jazzfrühschoppen ist was für Spießer, ihr seid ja heutzutage eurer althergebrachten Rollen ohnehin gänzlich beraubt, was euch zutiefst verstört und zum Therapeuten treibt, da müsst ihr euch einmal im Jahr schon rückbesinnen dürfen.
Ganz arg wichtig ist allerdings, dass ihr euch hierfür möglichst weit von der Innenstadt entfernt, was den unbestreitbaren Vorteil mit sich bringt, sich im Zweifel in einem exquisiten Dauerfunkloch zu befinden. Wir Mädchen sitzen derweil einsam und verlassen und zu Tode betrübt in der männerfreien Stadt, in Parks und Biergärten und vermissen euch, ich schwör, ganz fürchterlich. Aber wir sollen ja auch ab und an mal wissen, was wir an euch haben, und deswegen empfehle ich euch dringend und mütterlich, erst wieder in Erscheinung zu treten, wenn ihr eurer Muttersprache wieder fähig seid. Und am Freitagabend haben wir uns dann überall wieder lieb. Fast überall … Ich persönlich mach’s ganz anders und trink jetzt aufs Wohl meines Papas. Prosit, Väterchen!
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