Freitag, 18. Januar 2019

Schneeengeln


Dass der Winter nicht zeigen würde, wie der Schneehase läuft, kann man ihm dieser Tage wirklich nicht nachsagen. Der Süden verwandelt sich in eine unersprießliche Mischung aus Pompeij und Atlantis, während im Norden der Bürger nur noch mit kleinen Eispickelchen bewaffnet das Haus verlässt, um kleine Löcher in Benzintank und To-Go-Kaffee zu meißeln und noch ein bisschen teilhaben zu können am Leben. Man ächzt, stöhnt und ist gefährdet, Hilfstruppen werden rohrpostgleich durchs Königreich entsandt, Spendengelder generiert, das Erste macht mehr Brennpunkt als Tagesschau. Wenn der Alex noch durchs Weltall flitzen würde, dann könnt er jetzt mit einer Wärmebildkamera schöne Sachen machen überm GottmitdirduLandderBayern, nämlich hat es endlich seinen wahren Urzustand erreicht und strahlt in schönstem Königeisblau umeinander. Er tät aber noch etwas entdecken, unser Häwelmann, nämlich innenmittendrin im Blau einen Hitzefleck in schönstem mittelfränkischen Feuerrot. Denn wie immer ist die Insel der Glückseligen von der gewaltigen Gewalt der Witter- und Wetterung weitestgehend verschont, lächelt Unwetterwarnungen und Schneestürme nonchalant ins Reich des Gossip und feilt weiter an der Petition, Biergärten verpflichtend ganzjährig zu öffnen. Um so größer die Aufregung vergangene Woche. „Mei, wie sie sich freut, dass es schneit!“ hat’s unablässig neben mir gehämt, was einen nicht weiter wundern muss, wenn man hört, dass der Hämer dem allerschlimmsten bayerisch‘ Sibirien entstammt und da die Kinder noch mit einem Fell das trübe Licht der Welt erblicken und zur Einkindergartung Rentiergeweihe bekommen, aus denen sie sich gemeinsam singend Schlittschuhkufen drechseln, um der Unbill des ewigen Winters zu trotzen. Ich hingegen: sofortige innere Dauerschleife Zukowski, Schnee, gepudert, hinaus, rodeln, alle, und so hab ich mit dem größten Vergnügen wie ein Eisbärjunges im Pulverweiß getobt und die Reise einmal um die Altstadt per pedes nicht nur zu gern, sondern direkt zweimal auf mich genommen, obwohl diese sich als nicht nur beschwerlich sondern sogar ausgesprochen gefährlich herausgestellt hat, weil der SÖR womöglich noch beschäftigt ist mit Silvesterkracherräumen, was eigentlich schad ist, könnten doch die unzähligen Glassplitter auf allen Gehwegen das Streugut vorzüglich ersetzen. Es macht auch beim Hinfallen fast keinen Unterschied. Aber gut, der Spuk ist eh vorbei, hat der Winter einmal kurz die Orientierung verloren, in die Sonnenstadt hineinflatuliert, quasi Erleichterung im Nebenzimmer, man kennt das, und sich wieder der Hauptaufgabe zugewandt. Mir soll’s recht sein, ich hab alles erledigt: schneegeengelt auf der Verkehrsinsel, Stiefelspuren auf der unbefleckten Hundewiese bestaunt, Frisur ruiniert mit Flockenflatschen, mehrfach Beinahegenickbrüche erlitten und elegante Eiskunstlauffiguren vor Publikum vollführt sowie, das allerwichtigste, entlang und dank der Stadtmauer zentnerschwere Schneeteppichkugeln gerollt. Winter ade, scheiden tut weh! Aber ich hab Stärke, deswegen bin ich bereit. En garde! 
... Ja, ich weiß, dass der Winter grad erst angefangen hat. Lasst mich in Ruhe!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen