Letzte Woche war ich in die Schwammerl. Eigentlich war ich sehr profan einfach nur im Wald, jedoch hab ich dort erkennen müssen, mich zwangsläufig inmitten von Pilzen befunden zu haben, ganz spezialvorallem inmitten von Pilzsuchern. Das ist ungefähr so als würde sich eine linksvergeistige Dame fortgeschrittenen Alters – und ich meine nicht mich – urplötzlich inmitten einer krachenden Gesellschaft irischer Sportsbarbesucher wiederfinden. Meinethalben vive versa. Das Gefühl, das ich vermitteln möchte, verbildlicht sich am besten in einem großleuchtenden Fragezeichen. Ich kann Pilze sehr gut. Leiden. Zubereiten. Essen. Manche kann ich auch sehr gut wegputzen, solche in Badezimmerfugen beispielsweise, andere hab ich schon geliebt und gepflegt, u.a. gab es in der Kollegstufe mal einen Pilz in einem Kaffeesahnereindl, den haben wir gefüttert und gepflegt und mit einem Namen versehen in unsere Klassenmitte aufgenommen, eh klar dass man sich da nicht auch noch um MacBeth kümmern kann bei so viel Verantwortung. Manche sind mir sehr suspekt wie im Chinaessen, da winkt manchmal was heraus, das tut wie wenn ich eine Gelatine nicht gut aufgelöst hab, und bevor’s jetzt medizinisch wird … Also jedenfalls find ich Pilze, Verzeihung: Schwammerl prima, besonders wenn sie hübsch namentlich beschriftet in einem Wannerl liegen, das ich nehmen, zahlen und nach Hause tragen und dann ins Wammerl hineintun kann. In der freien Wildbahn wird’s schwierig. Nicht dass es irgendein kompetitives Verhalten geben tät grad in den Wäldern, aber selbst wenn: Hey Leute, vor mir braucht ihr eure Stellen nicht geheimzuhalten. Ich hab derart keine Ahnung, dass ich neulich schon am Bauernmarkt erfreut gefragt hab „Das ist aber eine nette Idee, dass ihr da Champignons in den Blumenstrauß mit hinein windet!“ – „Das sind Kornblumen …“ Einen hab ich stolz gefunden, ein Steinpilz muss das sein, was auch sonst. Es war dann ein Birkenpilz, das erkennt man doch am Stamm. Stil. Strunk. Und Maronen werden blau, wenn man draufdrückt. Aha. „Und seitdem kriechst du im Wald umeinander und gatschst auf jedem Pilz herum?“ wurde sogleich gelästert, und ich so: Nein, ich hab nämlich eh eine andere Passion entwickelt: Zwergenwein finden. Seit Anbeginn meiner Zeit sind Fliegenpilze das weltallerunfassbarstgiftigste, das die Natur jemals hervorgebracht hat. Das lernst du mit dem ersten Märchen, dass du den Fliegenpilz am besten nicht mal anschaust sondern rückwärts in Zeitlupe dich von ihm entfernst, weil sonst droht Gefahr dass er dich bemerkt und anspringt. Jetzt lerne ich: Das ist nicht nur ein Irrtum, sondern birgt der hübsche Kerl spannende Verheißung, nämlich, also jetzt von wegen Zwergenwein: Das hat was zu tun mit der Kelchform vom alternden Fliegenpilz und Regenwasser, mehr trau ich mich nicht sagen, sonst heißt’s später irgendwas von Anstiftung. Hab ich aber eh nicht gemacht sondern mit genug Todesmut mein Fundstück zubereitet. Es hat dann ausgezeichnet geschmeckt. Nach Salz und Pfeffer und frittiert.
Freitag, 25. Oktober 2019
Freitag, 18. Oktober 2019
Wetterdienst
Ich weiß schon es ist eh übers Jahr und seit Wochen so ein Spezialdauerbrennerthema, aber ich find jetzt ist wieder so eine Zeit, in der man sagt: Zum Glück gibt’s das, weil worüber tät man denn sonst andauernd sprechen? Also wenn’s kein Wetter geben würd, mein ich. Wetter war neulich kurz schlecht, ein jeder hat geklagt, nur ich nicht, weil erstens aus vorgenannten Gründen und zweitens weil ich entgegen landläufiger Meinung natürlich überhaupt nicht immer nur daheim geunruht hab sondern mit meinem Flitzefeuerrad umeinandergesaust und mich gefreut hab wie ein Schnitzel wegen endlich einmal korrekter Kleidung und das Wetter ficht mich gar nicht an und erfreulicher Koinzidenz statt wie vorher so oft. Da hab ich nämlich tagelang Schirme und Plastikhäute umsonst herumgeschleppt und morgens im leichten Leinen das Haus verlassen und mittags dann überlegen müssen wie das eigentlich ging mit dem Regenmantelschnitzen aus Müllsack. Auch hat’s gegeben dass ich angemessen ausgerüstet morgens in den schwarzen Himmel gelacht hab und dann den restlichen Tag in einen blauen geflucht und schwitzend Schicht um Schicht mir um die Hüften gewickelt und aus mir selbst einen Wolfgang-Petry-Gedächtnis-Kranz gewunden. Sagst du: Man könnt ja mal den Wetterbericht … ? Sag ich: So ein Schmarrn, ich hab ein Fenster, aus dem schau ich und dann weiß ich was passiert. Also: hab ich geschaut, weil momentan wird das Fenster ausgefüllt vom urwaldgewordenen Beweis meines irrsinnsgrünen Daumens, den ich bald heimlich irgendwo aussetzen muss sonst säuft er mir die Haare vom Kopf und wenn er dazu auch noch zum Sprechen anfängt, das tät mich auch nicht wundern. Ich jedenfalls: Fenster. Andere Menschen haben das anscheinend nicht, also Fenster, weil die schauen immer nur ins Wischkastl hinein und wissen dann was meteorologisch geboten ist. Das klingt dann so: „Gehmer eigentlich zu dem Fränkischeschweizevent XY?“ – „Uuuuuh ich weiß ja nicht, da ist gaaaaaanz schlechtes Regenwetter angesagt.“ – „Äh, das ist in zwei Wochen?“ – „Trotzdem.“ Oder auch „Gehen wir am Sonntag radeln“? – „Auf überhaupt gar keinen Fall, da soll’s so dermaßen regnen!“ – „Heut ist fei erst Dienstag.“ Oder „Sollen wir uns nachher noch in der Draußensitzlokalität XY treffen?“ – „Puuh ich weiß nicht, es soll ja heut noch regnen!“ Ich find ja, das hat ungefähr den Glaubwürdigkeitsgehalt von „Kannst du mir beim Umzug helfen?“ – „Klar, wann ist das?“ – „Samstag in zwei Wochen.“ –„Ooouh, da hab ich Migräne!“, also eher so mittel. Ganz viele von der Sorte sind glaub ich beim regionalen Nachrichtendienst unseres Vertrauens beschäftigt, weil da steht auch ganz oft: „FREUNDE bitte passt auf euch auf der DWD hat für heute UNFASSBAR gefährliche Unwetter mit einer Wahrscheinlichkeit von EINEM % gemeldet!!!!!1111elf GEHT’S euch GUT?????!!“ Habe gerade mit der Machete das Fenster freigefällt. Plötzlich ist da Sonne. Was mach ich‘n jetzt?!
Freitag, 11. Oktober 2019
Unruhen
Ich hab jetzt das mit diesen potenziellen Gammeltagen noch einmal einer Prüfung unterzogen. Auf meinem weitestgehend vom Staub befreiten Kanapee, wo ich mir dann mit Schaufel und Spitzhacke so eine Sitzbucht hineingesteinmetzt hab, bin ich geruht. Ganz ruhig war ich, wirklich, ich hab Buch gelesen und Zeitung und auch noch Käseblätter und Werbezettel und dann die Zutatenliste vom Entspannungstee und die vom Recyclingklopapierrecycling und dann noch alte Kalenderblattsprüche. Dann hab ich aus dem Fenster geschaut und Wolken gezählt. War aber nur eine große, also bin ich relativ zügig durch gewesen mit der Bestandsaufnahme und hab dann direkt weitergemacht mit der Außenverschalung vom Gegenüberhaus, 60 Platten sind’s, eine hat einen Makel in der Fuge, jetzt kann ich da nie wieder hinschauen. Dann hab ich also weiter geruht, eher so äußerlich, innerlich hab ich schon angefangen zu überlegen was man vielleicht Sinnvolles tun könnte, und dann hab ich überlegt, was man vielleicht – Pfeif auf Sinn! – überhaupt tun könnte. Kaum hab ich mir die innere Erlaubnis erteilt, den Zustand der Unruhe zu verlassen, hab ich – also kennt ihr das wenn Hunde an der kurzen Leine laufen müssen aber außenrum riecht’s überall so prächtig und schnüffeln muss man und schauen und forschen und dann darf er nicht und die Leine würgt aber es ist egal und der Drang zu groß, und dann hat der Hundemensch ein Einsehen und löst die Fessel und dann schnalzt das Tier wie mit der Zwille losgeschossen nach vorne? Ein bisschen so war’s dann auch für mich. Losgestoben bin ich, alle Krakenarme gleichzeitig ausgefahren, der eine hat geräumt und der andere Staub aufs Kanapee zurückgeschaufelt und der dritte Äpfel zu Kuchen verarbeitet und den Rest zu Mus. Ein Stilauge hat erkannt dass langsam vielleicht einmal das Arbeitszimmer wieder in solches transfomiert werden könnte bevor es unter der Last des Hauswirtschafts- und Abstellraums zusammen- und nach unten durch bricht, während ein anderes befunden hat, dass der Keller langsam aber sicher als Escape-Room vermietet werden kann, aber nicht mit Geisterrätseln sondern 3D-Tetris, dass außerdem der Haufen mit den Steuerzetteln von diesem Jahr gefährlich über dem des Vorjahrs kippelt und eine Lawine droht, und es sich fürderhin bekanntlich leichter lebt, wenn im Kleiderschrank nur wohnt, was auch wirklich getragen wird, und alles, was „Motivationshose“ oder „Wird wieder modern“ heißt, sogleich entsorgt gehört, und dass wenn man das alles fröhlich pfeifend erledigt hat eine Windjacke übergeschmissen und kreuz und quer im Draußen umeinandergerannt und das „Spaziergang an der frischen Luft“ genannt werden muss. Da hab ich erst einmal auf den Kalender gelinst und gesehen, dass jetzt ganz viele Trauertage anstehen und sehr, wirklich sehr viel schlechtes Wetter. Das hat mich beruhigt. Konnt ich mich gleich viel entspannter aufs Kanapee werfen, mich in die Staubwolken schmiegen und Apfelkuchen essen. Noch warmen. Mhm!
Samstag, 5. Oktober 2019
Für die Tonne!
Jetzt ist der Oktober grad erst aus dem Ei geschlüpft und ich bin schon schwer genervt von ihm. Dabei kann er ja eigentlich nichts dafür dass jetzt ein jeder Mensch schwärmerisch vom Indian Summer schwafelt, schon klar. Also erstens weil wenn ich aus dem Fenster blick und auch einmal meine Frisur nach draußen halte, muss ich sagen: Es ist schwer zu glauben, doch von Sommer ist grad wirklich gar nichts mehr übrig, stattdessen werden Winterreifen aufgezogen (O bis O, gell!), Heizungen entstaubt und Feuertonnen entz… Ah, Tonnen! Legt sich ja so ein goldgelber Glanz angeblich übers Land, weswegen man hierzulande ruhigen Gewissens vom ins Edelmetall gewandeten Monat sprechen kann anstatt globevertrottelt vom Indian, ich mein: warum in die Ferne schweifen, wenn Kastanie, Wilder Wein und Buchecker liegt so nah? Und schau, Indianer darfst du eh auch lieber nicht mehr sagen, also weißt du jetzt nicht: Ist’s ein Inuit-Sommer oder eher einer von den Apachen oder Cherokee oder doch vielleicht den Sioux, und dann Blamagegefahr weil sagst du „Siuks“ oder „Suh“, weißt du nämlich nicht. Also besser: Goldener Oktober, und alles ist gut. Und ich hab den Faden verloren. Halt nein, Tonne, Gold, Gelb. Übers Nürnberg, weil wir gehen hier von Natur aus eh immer mit der Zeit, legt sich grad auch ein goldener Glanz. Zugegeben der ist eher so golden wie das unten in der Bundesflagge, und in etwa so goldig wie das Schwenken derselben, sprich: gelb, sogar ziemlich neon, aber das passt eh auch wegen der Wettertrübnis, höchstens vielleicht verwechselst du jetzt einmal einen Schulanfänger, aber das wird er dir schon sagen, wenn du ihm das neongelbe Mützel vom Kopferl reißt und tief hineinblickst ins leere Gefäß, das es nun zu füllen gilt mit Unrat. Also die Tonnen mit Unrat, beim Erstklässler kommt freilich nur Schläue hinein. Schön am Neongelb ist auch, dass wenn du immer schon einmal wissen wolltest, wer eigentlich zuständig ist für den Treppenschmutz im Nachbarhaus oder welcher geheimnisvolle Mensch wohnt denn in der Villa mit hoher Mauer außenrum und Stacheldraht und Kamera und leerem Namensschild an der Klingel, dann musst du grad einfach nur ein bisschen umeinanderspazieren und Schildlein lesen auf dem Neongelb, und schon weißt du vieles über deine Gegend. Leider fehlt mir die Zeit für Schlendrian, weil ich muss nämlich Rat- und Rätselhäuser sowie Wertstoffhöfe abklappern und mich mit Gelbersackbevorratern prügeln, bricht doch eine Panik aus: „Wir sind eine vierköpfige Familie und benötigen im Schnitt fünf gelbe Säcke pro Woche, wie soll das gehen mit der kleinen Tonne?“ ist im entsetzten Internet zu lesen, und da muss ich sagen: Ich versteh den Bürger, darf er doch seit Urzeit müllen wie er will, und jetzt erklärt ihm keiner wie es anders geht. Muss ja auch gar nicht sein, weil nächstes Jahr tritt ein Bürgermeisterderherzen auf ein Podium und lobt das Volk für Plastikmüllrückgang. Wie sich der Restmüll in der selben Zeit entwickelt hat, da hat er die Statistik halt grad nicht zur Hand. Goldig, gell?
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