„Jetzt stell dir vor!“, hab ich zum Überübernachbarinnenbalkon schräg unter mir gerufen und dabei mein güldenes Haar weiter sanft gestriegelt und zum Corona-Regelwerk-Gedächtnis-Zopf geflochten: schön verwurschtelt und verstrickt. „Da hat es in Stuttgart einen Kerl, der läuft im Zorbing-Ball in der Stadt herum. Genau so, wie ich das seit Wochen schon gesagt hab!“ – „Zorbing“, brummte es durchs Joghurttelefon, nicht dass das nötig gewesen wäre, die Akustik im Karree ist formidabel, aber man gewöhnt sich ja so schnell. „Was soll das eigentlich sein?“ Hab ich geseufzt, der Mensch im Allgemeinen ist eher so ein wenig wissendes Geschöpf, da kommst du oft nicht hinterher mit dem Erklären. Zorbing, hab ich also mitgeteilt, das ist so eine supergroße durchsichtige Plastikkugel, und in der drin ist meistens noch eine zweite Kugel, und da kann dann ein Mensch hinein sich legen, setzen und auch stellen um lustig durch die Gegen pollern. Berge kugelt man hinab und auf dem See purzelt man umeinander und Fußball kann man auch spielen, beispielsweise, sogar auch schon sehr lang im Nürnberg. „Und das besonders schönste ist am Zorbing“, schloss ich die Erläuterung: „Die Dinger haben im Durchmesser 3,20 Meter – und da kannst du jetzt einmal schnell ausrechnen, ob damit rumzukugeln überhaupt noch eine Regelausnahme ist oder nicht in Wahrheit ziemlich Coco, wie der Profi sagt. Corona-Conform“ und dabei einen Strohhalm in meinen goldenen Zopf gewunden. Ja, Blumen fänd auch ich viel netter, aber das Stroh kommt halt vom Obendrüberbalkonstallhasen gratis hinabgesegelt, und man muss ja grade wirklich schauen, dass man arbeitet mit dem, was man hat. Und den Rest sich halt ein bisschen hinbiegen, wie man’s grade braucht. Oder nein, pardon, man bewegt sich flexibel und dynamisch-subversiv im vom Polizeistaat oktroyierten Schikanerahmen. Nämlich beispielsweise so: „Du, nein, ich kann jetzt keinesfalls das Magazin in die Hand nehmen das du grad noch in der Hand gehabt hast und mir zugeworfen, bitte fotografier den Artikel und schick mir das Bild. Ach morgen hab ich übrigens ein Tinderdate zum Picknick.“ Wobei das führt mich freilich sogleich zur Kontaktperson, das ist mein neues Lieblingswort, Kontaktperson, dem sag ich eine große Zukunft voraus. Schon auch weil man fragt jetzt nicht mehr „Tumer uns am Donnerstag schön einen einnapfen?“ sondern es heißt ganz förmlich „Möchtest du am Donnerstag meine Kontaktperson sein?“ und die von der Arbeitsgruppe Dynamisch-Subversiv rechnen schon aus, wie viel Platz es zum korrekten Abstandhalten in einem sagen wir mal Baumarkt braucht um dann mit einer zufällig angenommenen Anzahl von der Einfachheit halber an eine durchschnittliche Konzertbesuchersumme angelehnte Menschengruppengröße dann vielleicht doch einen launigen Grillabend haben zu können. In zwei Jahren ungefähr, da schieben sich die Grundschulkinder keine knittrig-schweißigen Zettel mehr in den Ranzen, willstdumitmirgehenjaneinvielleichtwarumnichtk, sondern da hältst du dann ein Schild in die Houseparty oder ins Zoom hinein und hast gekrakelt „Willst du meine Kontaktperson sein? Bitte?“ Ihr werdet’s schon sehen. Ich geh jetzt Tretbootfahren. Oder Zorben. Wegen der Übung!
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