Auch Januar: Die Zeit der neuen Sportlichkeit. Die Fitnessstudios freut’s, gebiert diese Zeit doch zahlreiche Fördermitglieder, die ab März nie mehr gesehen werden. Mich freuen alle anderen. Herzzerreißende Szenen spielen sich ab, zumal im Herrensportsegment: Während die einen mit hochrotem Kopf und asthmatischem Atemfluss die Wampe durch die Parkanlagen schieben, lassen sich andere vom hohen Ross des Ball- und Mannschaftssports hinab auf die heimische Yogamatte gleiten, um dort fortan nicht mehr fluchtartig die Räumlichkeiten zu verlassen, wenn die Gattin mit der Leibesübung beginnt, sondern dieser aktiv beizuwohnen. Man kann das nur als Zugewinn verbuchen, mindestens humoristischen. „Mir war nicht klar“, schnobert’s dann wenig elegant aus dem zum Bersten gespannten Powerhouse hervor, „dass von mir verlangt wird, nach einem Tag harter Arbeit auch noch zwei Stunden Leistungssport zu machen!“, um kurz darauf zu befinden, dass die geforderten Positionen nicht nur eine Zumutung, sondern schlichtweg physiognomisch unmöglich wären und allein deshalb statt der Position des Kindes lediglich die des verschrumpelten Blasebalgs einnehmbar sei, in der man die restlichen 35 Minuten zu verbleiben gedenke. Ich hingegen weiß, worin das Scheitern gründet, nämlich der sträflichen Vernachlässigung des adäquaten Outfits. Wie wichtig das ist, zeigt uns seit Jahren die Active Wear, die ihre Trägerinnen befähigt, nicht nur immerzu und dauernd sportlich aktiv zu werden, sondern vor allem immerzu und dauernd den Anschein zu erwecken, gerade sportlich aktiv zu sein. Und es ist eh klar, dass sportlicher Erfolg sich nur dann einstellt, wenn nicht nur die innere Einstellung passt, sondern auch die äußere. Folgerichtig joggt es sich viel ausdauernder, beginnt man die Exerzitien nicht einfach schnöd in Jogginghose (die braucht man später fürs Kanapee) und Latschen, sondern in schnittigem Lycra in Neonfarben mit Gimmicks und Sicherheitsvorkehrungen. Ein ausgedehnter Walk im Stadtwald gelingt viel besser, bestreitet man ihn mit Hochalpinstiefeln, Mehrfachschichtengoretex, Stirnlampe und Alu Flex Super Light Wanderstöcken, und wer ein echter Fußballer sein will, tut dies nicht etwa in Shorts und T-Shirt, sondern nur in exklusiven Teilen der Champions League-Kollektion, Wechselstollen inklusive. Ich bin über solch Irdisches erhaben: Schon im frühsten Kindesalter lehrten mich meine Eltern, dass man Sport sehr gut in dem ausüben kann, was aus Vaters Kleiderkammer halt noch übrig ist, statt eigens erworbener Mode. Das hat mir zwar vier Jahre Mobbing, wohl aber eine gewisse Charakterstärke eingebracht. Und seltsame Blicke, wenn ich heut in Wanderschuhen auf dem Mountainbike sitz. Aber was wissen die schon. Hipp, hipp, hurra und Sport frei!
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