Ich habe einen Kollegen aus der Spaßabteilung gefragt, wie er grade mit der Situation umgeht. Ob er lustig sein möchte oder überhaupt kann, ob sich ihm nicht auch alles irgendwie falsch anfühlt und unpassend. Donnerstag letzte Woche noch wollte ich eigentlich schreiben über die Unzumutbarkeit der Situation, inmitten zweier exorbitant lauter Baustellen eingekesselt zu sein, die mich von frühmorgens bis spätabends mit kanonendonnernden Tiefboboboboharbeiten und dem maschinengewehratatatatatatigen Gehacke vieler Presslufthammer behelligen. Zum Nachdenken hatte ich kurz das Radio angemacht und nach fünf Minuten erfahren, dass eine solche Kolumne sich von selbst verbietet. Am selben Tag korrigierte ein anderer Kollege in letzter Minute die metaphorisch gern genutzten „Schützengräben“ aus seinem Musikkulturartikel. Die Verunsicherung ist groß, jeder versucht, sich irgendwie zu verhalten, tun, was man am besten kann, und wenn es nur die Flucht ist innen drinnen. Ich kann gut Sachen nachlesen, und deswegen bin ich in meine Bücher geflohen und habe geschaut, was eigentlich schon in uns drin steckt an Krieg, ohne dass wir’s merken – und was wir darum vielleicht hier und da überdenken könnten. Denn es sind bei Weitem nicht nur die Schützengräben oder das Eingekesselt sein, mit dem es sich die Militärsprache bei uns bequem gemacht hat als hätte es nie was anderes gegeben. 08/15 finden wir heute stinklangweilig und normal, ist aber eigentlich der Name eines deutschen Maschinengewehrs aus dem Ersten Weltkrieg. Etwas „von der Pike auf“ zu lernen bedeutet, mit der einfachsten Lanze als rangniedrigster Dienstgrad die Karriere im Heereswesen zu starten, „jemanden auf Vordermann bringen“, dass der Ausbilder Rekruten so lange drillt, bis sie in Reih und Glied stehen. Wenn man „die Fahne hoch hält“ oder „bei der Stange bleibt“, dann ist hier heut zwar Treue gemeint, ursprünglich aber eine Flagge, die im Gefecht den Kampfeswillen anzeigt. „Unter dem Radar“ bleiben eigentlich Kampfjets unentdeckt, und wenn man „schweres Geschütz auffährt“ und „die Sache in Angriff nimmt“, kann es passieren, dass „im Eifer des Gefechts“ bald „das Pulver verschossen“ ist – im besten Fall, weil man „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“ hat anstatt dass „der Schuss nach hinten los ging“, und wer heute „ins Hintertreffen“ gerät, kann sollte darüber eigentlich lieber froh sein, ist doch die Reservetruppe gemeint, die zwar nicht an der Beute beteiligt wurde, dafür aber auch nicht in den Einsatz kam und Gefahr lief, „torpediert“ zu werden … Die Antwort des eingangs erwähnten Kollegen lautete übrigens: „Irgendwo ist immer ein Elend. Ich versuche lustig zu bleiben. Hoffentlich.“ Wir also „halten die Stellung“. Ob eine „Bombenstimmung“ aufkommt, weiß ich grad nicht genau.
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