Nach den Strapazen der letzten Woche hab ich’s mir jetzt mal schön in meinem Kleiderschrank gemütlich gemacht. So nenne ich liebevoll den Raum formerly known as Arbeitszimmer, seitdem ich erkannt habe, in einem nie enden wollenden Teufelsreigen des Wäschewaschens gefangen zu sein und mich frage, wieso eigentlich überhaupt sehr viele Quadratmeter meines Schlafzimmers von einem großen Holzkasten versperrt werden, den ich höchstens einmal die Woche öffne. Das hat ungefähr nichts mit der sophisticated Edginess zu tun, mit der sich Junge früher (und heute?) schmückten. Wir kennen sie alle, und erst neulich durfte ich beim Schlendern durch die schönen Straßen der schönen Noris im schönen Souterrain eines schönen Hauses einen Blick durchs Fenster hinab in eine gar nicht mal so schöne Bude werfen, in der ein Knabe mit ebenso wildem Blick in einen Bildschirm starrte, wie es um ihn herum wild aussah: Auf dem Boden eine Matratze, drum herum Saustall, mittendrin eine Kleiderstange, tresenhohe Comicstapel. Was hier klingt wie der typische Kontrollverlust einer Studentenbude wurde mir früher als Lebenskonzept maximaler Freiheitsliebe verkauft. Die Matratze musste allerdings „Futon“ heißen, die Bücher stammten aus der Grabbelkiste der Phil. Fak., von den Wänden klaffte die Tapete, und inmitten dieses Saustalls thronten Jungakademiker, die Pastis tranken, Wollpullover am Leib trugen und Tabak zwischen den Zähnen und mit bedeutungsschwangerem Blick und großer Geste auf die (wichtig: vom Sozialkaufhaus organisierte) chromblitzende Kleiderstange mit darauf befindlichen acht Teilen zu zeigen und zu sagen „Mehr brauche ich nicht. Mein Leben passt in einen Koffer, ich kann jederzeit abhauen.“ Was sie in den wenigsten Fällen dann auch taten, dieser Sehnsucht aber noch bis ins hohe Alter nachweinen und deswegen „lieber kein Geld für Möbel“ ausgeben, weil man wollte ja noch Südamerika und Interrail. Naja, also bei mir ist das same same, but different, denn ich lebe nicht von der Kleiderstange, sondern vom Wäscheständer, und der steht wie alles andere auch im Arbeitszimmer, damit im Rest der Wohnung die sophisticated Edginess erhalten bleiben kann. Auf diesen Wäscheständer hänge ich einmal in der Woche nasse Kleidung, wo sie dann für drei bis vier Tage verbleibt. Was früher trocknet, kann man schneller wieder anziehen, und so bleibt nur noch wenig, das anschließend weitere drei Tage fein zusammengefaltet im Wäschekorb liegt, um dann von vormals 25 Kleidungsstücken grade mal noch ein paar Socken in den Schrank zu räumen, derweil der Rest wie von Zauberhand schon wieder in der Wäschetonne gelandet ist und das Spiel von neuem beginnt, weil im Schrank zwar 584390 Teile, doch diese keinesfalls tragbar sind. Geht’s noch jemandem so? Bitte sagt ja!
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