Es ist 1996, meine Freundin ist weg und bräunt sich in der Süds… Nee Quatsch, anders: Es ist 2026, alle Menschen sind weg, es riecht ranzig. Auch daheim? Ja, meine Viruslast war klein! Na fein, herein, willkommen im Allein! … Ich pirsche durch die leeren Straßen, nur hier und da ein Rascheln vom Wind oder einer dieser Horden wildgewordener Möpse und Pekinesen. Sie stören mich nicht, es ist gut, denn mit der Steinschleuder aus meiner Kadda-Croft-Ausrüstung kann ich mich gegen die verwilderten Schoßhündchen so gut wehren wie gegen die gelegentlichen Angriffe verzweifelter Zombies, die mir hinter Türmen aus Lieferservicetüten und Amazon-Kartons auflauern, um mich zu fangen und in bester Mad-Max’scher Manier anzuzapfen. Denn alles, was sie wollen, ist mein Blut: immun gegen Corona, unbesiegbar in der Welt … Na gut, das ist vielleicht eine etwas dystopische Fantasie, also hysterisch meine ich eigentlich. Aber die gefällt mir allemal besser als die, der ich in den letzten 36 Stunden hilflos ausgeliefert war: zehn Tage Quarantäne, eingesperrt in eine auf Schuhkartongröße zusammengeschrumpfte Wohnung, zwischen mir und dem sich zu einer pulsierenden Erektion aufrichtenden Frühling eine dicke Fensterscheibe, an der ich meine tränende Rotznase plattdrücke und sehnsüchtig darauf hoffe, dass wenigstens eine Taube, eine Schmeißfliege, irgendwas mich besuchen und von meiner Isolationshaft ablenken können ... Seit Monaten warte ich darauf, dass es mich erwischt, dass ich den falschen Schritt beim Corona-Minesweeper gehe, der seidene Faden des über mir sanft schaukelnden Damoklesschwerts nach einem zu heftigen Lacher reißt, die hübsche Schlinge, die ich mir lässig um den Hals gelegt habe, sich plötzlich zuzieht, dem Booster, auf dem ich durch die Wochen reite, doch noch der Saft ausgeht. Um mich herum: alle krank, die Zahlen gehen Bergsteigen und schicken sich an, zum Mond zu kraxeln. Mittendrin: ich, ein strahlender Leuchtturm der Gesundheit, der personalisierte Rotkäppchensekt, nein: Rotbäckchensaft. Spätestens, als nach einem Superspreaderevent die ganze Familie sich höflich winkend in Isolation verabschiedete, war ich mir sicher: Jetzt erwischt’s mich auch, doch das einzige, was mich traf, war fortan ein Schicksal der beständigen Botengänge, Einkäufe und Nahrungslieferungen. „Bitte!“, hab ich gefleht, „Nimm mich jetzt, du böse Seuche! Und nicht wenn alles wieder gesund ist und das Wetter schön!“ Umso größer also der Schreck, als der Mann mir vor zwei Tagen mit Leichenbittermiene einen roten Strich unter die Nase hielt. „JETZT BRAUCH ICH’S AUCH NICHT MEHR!“ bin ich tobend zur Testung geeilt – und siehe da: Ich hab’s auch nicht. Juhu! Nächste Woche erzähl ich mehr. Themen: Trennung leicht gemacht – gemeinsam durch die Quarantäne, und: Corona – ein Männerleben im Keller ist hart, aber möglich.
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