Es trug sich zu, dass die Familie grillte – ein Unfall, der sich gelegentlich ereignet und selbstverständlich niemals streitfrei vonstatten geht. Eh klar. So gibt es beispielsweise ein „Knabengrillen“, dessen Ausgestaltung auf der Hand liegt wie auch gleich daneben die Wurst, verzichtet man doch hierbei weitestgehend auf Beilagen jedweder Art, um sich stattdessen am besten einfach im Kreis um den Grill zu rotten, gelegentlich totes Tier darauf zu werfen, dieses abwechselnd mit Bier oder Spiritus zu benetzen, sich johlend über Stichflammen zu amüsieren und dann wie Özi umwegslos von der Feuerstelle zu speisen. Es gibt dann noch das „Grillen à la Mama“, was bedeutet, dass im Vorfeld verkündet wird, wir machen „nichts großes, aber halt ein bisschen einen Salat und vielleicht ein Baguette“, um sich anschließend mit dem Umstand konfrontiert zu sehen, dass „das bisschen Salat“ aus einem in mehrtätiger Arbeit vorbereiteten Großbuffet besteht, flankiert von dreierlei Brot und „nur einer ganz kleinen Beilage, weil ich nur kurz ein Rezept ausprobieren wollte“, weswegen sich nicht nur der Tisch schwer biegt, sondern auch die darumstehenden Stühle, sind doch alle wegen Kulinarikhimmel hurtig bis zum Limit vollgefressen. Gelegentlich gibt es Experimente in allseitigem Einverständnis, und ein solches auch wie folgt. „Wir machen Adana!“, hatte der Spross feierlich verkündet und das mit dem Umstand argumentiert, er trage die im auslandsaufenthaltbedingten Liebesrausch erstandenen Fleischspieße seit Jahren jungfräulich durchs Leben, das müsse sich ändern. Wenn der Nesthaken spricht, fügt man sich. Adana Kebap ist eine türkische Spezialität aus der gleichnamigen Küstenstadt. Als scharfe Variante des „Köfte“ wird Hammelhack um Schwerter gewunden und über Holzkohle gegrillt, dazu reicht der Fachmann gegrilltes Gemüse und gebutterten Reis. So weit, so einfach. Die Zubereitung begann um 15 Uhr. Gegen 18 Uhr erklang aus verschiedenen Ecken des Hauses die sorgsame Stimme eines Erklärvideos, dem sich mehrere Familienmitglieder widmeten, um herauszufinden: Wie krieg ich das Fleisch an den Spieß? In der Küche stand tränenwund der Fachmann und fluchte. Wann immer ein Teil Hack am Spieß angebracht war, fiel woanders eines wieder runter. Die erste Hürde gemeinschaftlich genommen, gab es flugs eine Zweite, schickte sich der Himmel doch an, im Moment der ersten Grillgutauflage erst einen Windstoß und damit kiloweise Fichtennadelgewürz auf die Speise zu wehen und anschließend einen Regenguss. Während die Familie Rosmarinersatz von Paprika und Zucchini pflückte, begann der Hauptverantwortliche mit der Fleischgrillage – und kurz darauf mit großem Geschrei: Was grad noch kompakten Spieß mimikryerte, entfaltete sich hurtig auf dem Rost, fiel kurzerhand hindurch und verbrannte lichterloh. Nur eine geschickte Erste-Hilfe-Maßnahme konnte schlimmeres verhindern, und so wurden später gegrillte und von flinker Frauenhand gedrehte proppere Hackwürste ins Fladenbrot gesteckt. Der Rosmarin hat auch fast gar nicht gestört. Nächstes Mal gibt’s wieder Steak.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen