Der Haussegen hing schief! Um genau zu sein hing er welk und schrumpelig an der Wand, japsend und verzweifelt um Frischluft gierend. Im Gleichtakt mit dem Haussegen hatte ich abwechselnd aus dem Fenster, vom Balkon und ins Badezimmer geatmet. Ein Raumwechsel gestaltete sich jedoch schwierig, denn sobald ich mich durch die Wohnung bewegte, umhüllte mich eine zentnerschwere Faust und rang mich zu Boden, weswegen ich zuletzt dort verblieben und in die Küche gerobbt war, um dort tiefe Atemzüge aus dem Kühlschrank zu schöpfen. So geht’s. Schuld daran war eine graue Flasche, die der Mann am Morgen schwungvoll aus dem Parfumregal klaubte um ehe ich einschreiten konnte nicht nur sich selbst, sondern die komplette Wohnung sowie alles Leben, was sich darin befand (MICH!) mit zentnerschwerem Nebel zu bestäuben. Auf der Flasche prangte weithin sichtbar das Wort „SPORT“, womit entweder ein Scherz oder maximal etwas wie „Taschenbillard“ gemeint sein kann, oder aber es hat ein Parfumdesigner versucht, den lieblichen Odeur 50 Jahre alter Jungs-Umkleidekabinen herkömmlicher Vereinsheimhallen zu konservieren, alternativ das, was in drei Jahren Unterstufensport in durchschnittlichen Turnbeuteln heranwächst: Käsefuß, Gummibärchen und irgendwas mit Vanilleduftbaum. In diesem Fall müsst ich sagen: meine Hochachtung, es ist gelungen! Auf dieser Wolke betäubender Viskose stob der Mann von dannen und hinterließ mich im lilazähen Dunst, in den sich ein Hauch von Schwefel mischte, denn, tjaha: Es gab Stunk! „Nur weil du“, spie es mir auf meine freundlich handwedelnde Frage (sinngemäß: ob man noch ganz bei Trost sei, dem heißesten, schwülsten Tag des Jahres auch noch mit dem schwülstigsten Parfum zu assistieren) „eine absolute Geruchsstörung hast und völlig überreagierst, muss das noch lange nicht für den Rest der Welt gelten!“ zog der Mann den Trumpf und knallte erst diesen mir vorn Latz und dann mit der Türe, bevor er seinen orientalischen Dufteppich bestieg und auf diesem von dannen ritt. Zurück blieb ich. Verdutzt, atmend und mit einem irritierten Gefühl von Reue. Denn zum Abschied schallte es noch ein „Und außerdem hab ich keinen Bock, ein Parfum für 100 Euro einfach wegzuschmeißen!“ So hab ich das noch nie betrachtet. Und möchte Abbitte leisten: Ihr Tapferen da draußen, ich bitte um Verzeihung! Ihr alle, die ihr Tag für Tag ungeachtet jeden Anstands und Gesellschaftsvertrags die scheußlichsten Parfums auflegt, die Süßkinds Baldini je erfinden könnte, all die Jil Sander SUNs und JOOP! Hommes, all die Gaultier LE MALs – entschuldigt! Ihr könnt jetzt aufhören, eure Konfirmationsgeschenke von 1996 aufzubrauchen, wirklich. Es ist in Ordnung. Niemand wird es euch übelnehmen, packt einfach diese Fläschchen in den Müll und macht die Welt zu einem besseren Ort! Sie wird es euch danken. Ich hab direkt den Anfang gemacht. Gibt dann wieder Stunk. Aber der ist wenigstens nicht lila.
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