2017 war in meinem Umfeld offenbar ein geburtenstarker
Jahrgang, zumindest ist das für mich eine Schlussfolgerung aus den zahlreichen
Fotos, die mich letzte Woche auf den herkömmlichen digitalen Kanälen
erreichten. Darauf zu sehen: Höchst adrette Kinder, die den quirligen
Schreischratzen, die ich so kenne, zum Verwechseln ähneln, die mit einer
Mischung aus sinister und erleuchtet in Kameras strahlen, die Haare ordentlich
frisiert, der Kinderkörper gehüllt in feines Gewand (was mich in mindestens
einem Fall sehr enttäuscht, war mir doch kurz zuvor noch eine Einschulung im
Pokémon-Pyjama versprochen worden, aber naja), in den Armen eine kindsgroße
Schultüte, an der die mageren Gestalten schwer, doch strahlend zu tragen haben,
als Gegengewicht auf dem Rücken topmoderne Ranzen. Die Schultüten sind allsamt
in höchstem Maße selbst gebastelt, was bei der einen mehr, bei der anderen
weniger unverkennbar ist, von kreativen Mutter- oder Vatermenschen, die ihre
ganze Liebe in das Werk gepackt haben. „Weißt du noch, was du zu deiner
Einschulung anhattest?“, hab ich die Freundin gefragt und statt einer Antwort
nur ein Geräusch erhalten, das einem herkömmlichen Brechreiz nicht unähnlich
war. „Aber natürlich!“, folgte auf das Geräusch, sowie eine Aufzählung der
allerschlimmsten Schrecklichkeitsbeschreibungen à la „das grauenhafteste Kleid
auf der ganzen, nein, IM ganzen Universum, selbst genäht von der Oma, angeblich
wollte ich das so, dazu eine WEIßE Strumpfhose und grässliche blaue
Schnallensandalen, und dann auch noch diese TOPFFRISUR …“– „Und die Schultüte,
war die gekauft?“ – „Nein natürlich NICHT, sondern selbst gemacht und angeblich
so, wie ich mir das auch ausgesucht hätte, mit einem hässlichen Bären, der ein
KLEID anhatte. Fürchterlich! Ich such mal das Foto und schick’s dir.“ Nach der
Beschreibung kann ich’s kaum erwarten und habe mich in der Zwischenzeit auf die
Suche nach dem Zeugnis meiner eigenen Einschulung gemacht – und siehe da, die
Freundin scheint nicht ihr eigenes Outfit beschrieben zu haben, sondern das meinige,
das ich zwar nicht als das grauenhafteste der Welt beschreiben würde, wohl aber
kommt mir mindestens der Herstellungsprozess bekannt vor: Auf dem Foto grient
unter einer hängenden Spaghettifrisur ein junges Ich hervor, das in einem
selbstgenähten Kleid mit hässlicher Strumpfhose und absolut unpassenden
Sandalen auf dem Rücken eine Schultasche gigantischen Ausmaßes trägt, die die
Bezeichnung „Tornister“ nur verdient hat, in den Armen eine selbstgebastelte
(wunderschöne!) Schultüte, die nur leider damals nicht Ausdruck fürsorglicher
Eltern war, sondern zumindest in meiner Erinnerung Ausdruck einer „die kann
sich keine gekaufte leisten“-Haltung – der perfekte Start in den
Klassenverband! Ansonsten kann ich mich an diesen Tag ungefähr null mehr
erinnern – kann wohl doch nicht so besonders aufregend gewesen sein wie immer
alle behaupten.
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