Freitag, 2. Februar 2024

Zauberer Schrappelschrut

 Woran merken wir, dass gestern wieder „beste Tante der Welt“-Tag war? Richtig, daran, dass im Kopf der vorgenannten (ich) anstelle hintersinniger Bonmots, feiner Alltagsbeobachtungen und dialektischer Essays ein kleiner Affe auf einem Einrad fährt, der bei jeder Pedalumdrehung heftig zwei kleine, doch äußerst laute Schellentrommeln aneinanderschlägt und dabei singt „Das ist der Zauberer Schrappelschrut mit seinem großen Zauberhut …“ Lenk ich mich ab mit einer Tätigkeit, so schweigt der Affe, doch kaum denk ich mir: Der Ohrwurm ist überstanden, jetzt schreibst du mal deine Kolumne, schwingt sich das garstige Tier sogleich auf und zieht schreiend Kreise durch meine Gehirnwindungen. Es ist nicht so dass ich mich darüber weiter wundern würde, denn während andere Autofahrer ihre Wege bestreiten, indem sie unter vollem Einsatz ihres Subwoofers Geschäftstelefonate oder solche mit der Eheperson über noch zu tätigende Lebensmitteleinkäufe führen und mich an der roten Ampel stehend kulinarisch inspirieren („HOLST DU DANN NOCH DIE ZUCCHINI FÜR HEUT ABEND?“ – „ICH DACHTE WIR ESSEN ABENDS KEINEN SALAT MEHR!“ – „NICHT GURKE! ZUCCHINI!!“), hören der Lieblingszwerg und ich auf den Fahrten zwischen unseren großen Abenteuern das feuilletonistisch völlig unterschätzte musikalische Großwerk „1, 2, 3 im Sauseschritt“ von „Detlev Jöcker und seinem Menschenkinderchor“. Und wenn wir besonders gut drauf sind, heizen wir im Auto ordentlich ein, kurbeln die Fenster runter und versuchen, an der roten Ampel lauter zu sein als die Zucchini-Einkäufer: „Sille sulle sap, zille zulle zapp, schnippe schnuppe schnappdiwupp, feise fuse fallerup, baule daule dapp“ ist sowohl vom Informationsgehalt wie auch vom intellektuellen Anspruch her mindestens gleichauf mit den Textzeilen einschlägiger Chart-Stürmer. Ich möchte mich auch gar nicht beschweren über den Ohrwurm. Vielmehr ist es so, dass man dankbar sein muss, das sich nur dieses von außen betrachtet vergleichsweise unauffällige Restl in mir festgesetzt hat. Würde mein restlicher Körper ein ähnliches Verhalten zeigen, ritte ich womöglich immer noch auf einem zum Hexenbesen umfunktionierten Rechen durch die Straße, äße Streuselkuchen um die Wette, muhte, mähte und quakte in allen Tonlagen oder malte mit Straßenkreide Sonnenblumen an Hauswände – was man halt so macht als erwachsene Person ohne dezidierten Erziehungsauftrag. Dass ich das nicht tue, beweist mir, dass ich zwar vollkommen die Kontrolle über diese Kolumne verloren habe, nicht aber über mein Leben, und voraussichtlich später beim Einkaufen (Zucchini!) nicht Gefahr laufe, mich an der Kasse zu Boden zu werfen und so lange zu brüllen, bis mir jemand ein Ü-Ei schenkt. Wobei … Eigentlich find ich den Gedanken gar nicht so schlecht. Schrippel, schrappel, Huckebein – du darfst heut ein Kleinkind sein!

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