Freitag, 29. August 2025

Urlaubsstress

Homo vacarendum est – auch wenn es meinen noch nicht verblichenen Lateinlehrern an dieser Stelle jetzt womöglich die Zehennägel hochrollt, zumindest inhaltlich hab ich schon recht: Der Mensch urlaubt. Aktuell sogar sehr heftig. Man radelt über die Alpen und paddelt in Slowenien, beachlifet in Griechenland oder, ganz hoch im Kurs, an der Ostsee, räkelt sich in Infinitypools oder glampt aufs Äußerste. Und das alles weiß ich sehr gut, denn der Mensch dokumentiert all das gewissenhaft im Instagram, dessen Name nicht umsonst zumindest im zweiten Wortbestandteil frappierend an „Verdruss“ erinnert. Insta-Gram. Ich zumindest gräme mich. Denn ich urlaube auch. Jedenfalls bald. Jedenfalls, wenn ich bis zu einem nahenden Zeitpunkt X meine pathologische Angst vor Urlaubsplanung überwunden haben sollte. „Du musst doch wissen, wo du hinwillst!“ ruft man mir verblüfft zu, und ich rudere hilflos mit den Armen und sage: „Ja, doch, nein.“ Ich weiß wie so oft vor allem, was ich NICHT will (Sand, Karst, Hitze), doch selbst nach Ausschluss dieser Kriterien bleiben immer noch verdammt viele Optionen offen – und mit Optionen kann ich nicht so gut, sonst wäre ich vermutlich auch Fan von Subway und würde nicht angesichts einer schier endlosen Liste von von mir zusammenzustellenden Zutaten weinend zusammenbrechen oder vor einem angepriesenen „reichhaltigen Buffet“ schreiend davonrennen und mich wimmernd an einer alten Breze festhalten. Ich möchte das nicht. Ich möchte Struktur, Plan und jemanden, der mir Dinge vorgibt. Zuviel Freiheit macht mir Angst (gleichwohl ich bei der geringsten Ahnung eines unfreiwilligen Beschnitts derselben sogleich in großen Zorn ausbrechen kann). Das war schon in der Uni so: Du kommst heraus aus einer Schule, die dich 13 Jahre lang gelehrt hat, einen Stundenplan artig zu befolgen und ja nicht irgendwo links und rechts auszubrechen, und wirst hineingeworfen in eine Uni, die sagt: „Hallo, hier hast du 754839 Optionen, um dein Studium so zu gestalten, wie es dir taugt, wir lassen dir alle Freiheiten, komm ja nicht auf die Idee nach einer Vorgabe zu fragen, tschüssi!“ Turns out: Statt eines Magisters in Germanistik und Soziologie hab ich einen in Schlossgarten und Kneipe. Quasi. Jetzt also Urlaub. Es soll Menschen geben, die es lieben, tage- und nächtelang Länder, Menschen, Abenteuer zu recherchieren, Buchungsplattformen zu vergleichen und sich die perfekte Zeit selbst zu komponieren. Ich nicht. Ich bin Typ „Aldi Reisen“: Ein picobello geschnürtes Paket, das mich erst einmal in Sicherheit wiegt – und über dessen freiheitsberaubendes Diktat ich mich vor Ort immer noch aufregen, mich allen Plänen widersetzen und mein eigenes Süppchen kochen kann … Es soll Leute geben, die urlauben am liebsten zu Hause. Ich verstehe das, denn damit fällt auch das nächste drohende Übel flach: packen. Mal sehen, mit welcher Entscheidung ich mich überrasche. Eine Woche hab ich noch.

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