Freitag, 9. März 2018

Vierjahresstreik

Wegen Gesprächszwangsbelauschung bin ich letzthin mit der Nase in die Thematik „Schaltjahr“ gestoßen worden und welch grausame Unbill es mit sich bringt, am 29. Februar geboren zu sein, wegen der Feierproblematik, weil man kann ja dann immer nur alle vier Jahre und dann aber richtig und deswegen ist so ein 1968 geborener Mensch heut ja auch immer noch erst zwölf. Also ungefähr. Haha. Ein bisschen verstehen kann ich das jetzt halt nur leider schon, nur ist das bei mir umgekehrt. Wie wir spätestens im letzten Jahr gelernt haben, bin ich der Auffassung, dass „Geburtstag“ der Spezialtag ist im Jahr, in dem man seine ganze elendige „du bist jetzt erwachsen also verhalt dich auch so, gefälligst“-Contenance einmal getrost über den Haufen werfen darf und sich fröhlich baumelnd mit Krone und Superheldenumhang irgendwo hin setzen, bestenfalls auf einen Schild oder Thron, mit dem man sich dann von der Entourage umhertragen lassen und Huldigungen aller Art entgegennehmen kann, während ein Adlat im Off dafür sorgt, dass ich stets von Feenstaub, mindestens aber Seifenblasen umwölkt bin. Je älter der Mensch, um so lauter der Ruf nach Pumuckl-Torte, Würstelschnappen und Viereckenspiel, nur mit der Konfettikanone, da bin ich, sagen wir mal so, heut ein bisschen eigener als damals, wo mir unbekannte Wichtel noch so eine Daheimfeier wieder aufgeräumt haben. Jetzt sind in diesem Jahr zwei schwierige Sachen passiert, die zu einer spezialschwierigen Gesamtsituation beitragen. Vor lauter Dezembergedöns, Urlaubvorbereiten sowie -haben ist es von mir weitestgehend unbemerkt und darob etwas überraschend März geworden. Mit Schrecken hab ich also erkennen müssen, dass ich weder für den heutigen Tag eine Meistersinger- noch Sportvereinsheimshalle angemietet noch eine Einladung plus fünfmaliger freundlicher Erinnerung an die verdienten Persönlichkeiten unserer Stadt (Uli Maly, Raphael Schäfer, Diana Herold) verschickt hab. Und als wär das nicht traurig genug, hat mein Körper beschlossen, dass es an der Zeit ist für den Vierjahresstreik. Der geht so: „Mensch Körper, jetzt mach mal nicht schlapp, wir haben’s doch bald geschafft.“ – „Geschafft, Geist? Ja sag einmal spinnst du vielleicht? Seit Monaten tu ich umeinander und kämpf und mach und schau dass alles läuft, während du da oben dich in deine Schädeldecke wickelst und is eh alles super! Ich mag nicht mehr!“ – „Aber geh schaust, Körper, jetzt haben wir doch bald Geburtstag, meinst nicht, dass das für alle schöner wär so in gesund?“ – „Geburtstag, Geburtstag, da muss man dann auch nur wieder dauernd wach und Getränk und draußen umeinanderhüpfen obwohl viel zu kalt, das ist eh wieder nur ein Stress für mich.“ – „Wo ist denn das ein Stress, da kriegst doch lauter feine Sachen?“ – „Du vielleicht, ich hab nur Ärger! Aber schau, da hinten im Sackerl, da hab ich einen Haufen Zeug angehortet: Husten und Halsweh und Nasenrotz und Ohrenstress. Ich glaub, das mist ich jetzt einmal alles aus, quasi Frühjahrsputz.“ – „Ja aber ausmisten, da musst du doch den Sack aufmachen dafür?“ – „EBEN!“ … Nun, so geht das. Aber da werden wir jetzt schon mal erst noch sehen, wer am längeren Hebel sitzt. Ich bemüh mich vielleicht derweil ein bisschen darum, dass das mit dem „Nichtgeburtstag“ endlich eine gesellschaftlich anerkannte und deswegen universaleinsetzbare Feierinstitution wird. Ich grüße mich selbst, meine Oma und alle, die heute Geburtstag haben. Oder nicht.

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