Hallo I bims, die Wasmeierin! Ja, so seh ich also aus. Es tut mir leid, sollten Wahn- oder Wunschvorstellungen, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben, hiermit zerstört sein, aber es war an der Zeit. „Willst du das wirklich machen?“, haben Chefredaktion, Feuilleton und Kantinenmitarbeiter insistiert und wohlfeil besorgte Warnungen angeboten: Der eh schon so belastende Starrummel, jetzt ist dann auch bald wieder vorbei mit Tarnmützenzeit, dauernd diese Nachfragen, erklären soll ich immer was, und dann hat’s doch auch so schon gegeben dass ich lieber mein Klingelschild hätt abschrauben wollen aus Selbstschutzgründen … Ich war ein bisschen gerührt, aber hab abgewinkt, denn ich folge einer höheren Mission! Liebe Mama, lieber Papa, liebe alle, die mich seit Wochen nicht mehr gesehen haben: Hier bin ich! Schneidet das Bildchen aus und tragt es nah am Herzen und wisset: Es wird bald alles wieder gut. Denn der Hintergrund ist der, dass ich seit einigen Wochen an einem wissenschaftlichen Experiment teilnehme. Thema der Untersuchung ist „Wie verändert sich die Psyche eines Menschen, wenn er allem Freudgebenden entsagt und nur noch nach dem Prinzip der höchsten gesundheitlichen Vernunft lebt?“, kurz: Detox. Teilnehmer der Studie ist neben mir noch exakt eine weitere Person, namentlich mein bester Freund, und das ist meine Rettung, denn könnte ich mich mit ihm nicht über die schrecklichen Qualen austauschen und im Leid überbieten, das wir gemeinsam seit Wochen durchleben, ich säße längst in einer Kellerecke und würde mich sanft von Spinnweben umhüllt selbst im Arm wiegen. Meine Familie derweil so: „Mensch, wir wollten seit Monaten mal wieder alle gemeinsam richtig opulent essen gehen, lasst und das doch unbedingt genau jetzt machen, wo du die schlimmsten Entbehrungswochen deines Lebens durchläufst!“ – „Viel Spaß, ich kann nicht.“ – „Wieso, beim Luxuschinesen gibt’s doch auch Huhn und Gemüse?“ – „Ja, aber nicht in ungesalzenen 100-Gramm-Portionen.“ – „Hm. Dann setz dich doch einfach so dazu, is‘ doch schön! Und gut für den Charakter.“ – „…“ Oder kurz und verständnisvoll: „Wie lang dauertn jetzt dein Schmarrn noch?“ Weil ich so viel Unterstützung emotional nicht gut verarbeiten kann und es außerdem erstaunlich ist, wie sehr eine Stadt nach verbotenen Speisen duften kann, habe ich mich komplett zurückgezogen, denn selbst ein harmloser Kinobesuch wird zur Folter, wenn man akkurat den Film erwischt, der neben der Burgerbraterei gezeigt wird, die auch noch ihre Betischung zur Feier meiner Anwesenheit spontan bis kurz vor die Leinwand ausgebaut hat. Nur die Lebensmittelmärkte der Umgebung kennen mich, und so wie sie zu Beginn Anstoß an mir genommen haben, so errege ich dort mittlerweile längst kein Aufsehen mehr, wenn ich dort grau, eingefallen und gebrochen die Gänge auf und ab schleiche, mein Gesicht zwischen die Salatköpfe schmiege wie in den Mutterbusen, stundenlang an Rezeptbüchern lecke und so lang abwechselnd am Bad Reichenhaller und den Zwiebeln rieche, bis mir die Tränen kommen und ich das Salz aus ihnen lecken kann … Geht ihr mal feiern, ich geh weinen. Wobei, so ein bisschen Schweiß …?
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