Freitag, 24. Juli 2020
Running Uschi
„Alles ist gut, wie es aus den Händen der Natur kommt!“ hat schon der JWG geschwärmt, und auch 200 Jahre später haben das wieder viel mehr die Leute erkannt, schöne Natur, weil wo haben sie denn hinsollen wie die Kultureinrichtungen zu haben müssen sein? Weil wenn du nicht ins Kino kannst oder ins Burgerlokal oder in die Spielhalle, dann wird’s halt eng irgendwann daheim, und schon musst du in die Natur, weil wenn man in der Stadt bleibt ist auch nicht recht. War ich mehrfach im Fahrradgeschäft in den letzten Wochen, also jetzt nicht eins wo du sagst: Liebhaberstücke im Schaufenster und wenn die drei Radln weg sind, sperren wir zu und zählen Scheine, sondern so Fahrraddiscounter: Tag- und Nachtzeit egal, es ist immer alles vorrätig. Da bin ich dann gestanden mittig von sehr vielen blanken Podesten und hab mich nicht getraut nach einer Verkaufsperson zu rufen weil das Echo in der leeren Halle hätt nie wieder aufgehört. Leergekauft, weil wegen der Natur. Die Natur musst du dann aber schon gewaltig aufmerksam suchen, weil da wo neulich noch Natur war, ist jetzt der Städter, noch im allerhintersten Eck wo du sagst: zum Glück hab ich noch ein Gelbwurstbrot dabei weil vor in zehn Stunden find ich hier kein Wirtshaus, da bricht auf einmal die Stadt durchs Unterholz, gut erkennbar am hochpreisigen Outfit für auf alle Witterungs- und Wetterlagen, die so möglich sind zwischen ungefähr Neapel und Tromsø, und gern einmal mit einem Geschoss zwischen den Käsebeinen, wo du sagst: vielleicht lieber erst einmal in der befestigten Geraden üben anstatt hier mal schnell zum Aufwärmen zehn Kilometer Wurzelweg bergaufgeschanzt. Jedenfalls passiert da grad so ein gewisser Verdrängungseffekt, hab ich mir überlegt und meine Balkonblumen angeschaut, eigentlich mehr imaginiert, weil da wo ich einmal schöne Blütenpracht hineingegärtnert hab hängen jetzt dicke saftige Reben von Lausfamilien, ganze Plantagen in grün und braun und schwarz. Manche fliegen auch, manche schillern, es ist schon schön mit dieser Natur. Oder man tauscht einfach den Lebensraum, weil wenn kein Platz mehr ist in der Natur für die Natur dann sucht sich die Natur halt ein neues Daheim und während die Stadt dann im Pegnitztal umeinandertrampelt und den Reichswald verdichtet, kontempliert das Wildschwein über den Hauptmarkt und schleckt ein Eis im historischen Schottergarten, da hat’s ja jetzt genug. Ich hab neulich schon unverhofft Natur gesichtet, nämlich hat doch der Stadtobervogel, also der im Rathaus drin, nicht der von außen dran, Eulen freigelassen, als Freunde für die Gans oder so, ich weiß nicht. Und ich glaub pfeilgrad die sind dann im Park gesessen! Erst hab ich mich gewundert. Und dann gedacht: Es ist eh seltsam, weil wenn ich ein Raubvogel wär und die Wahl hätt zwischen einem Flitzehasen und so einem Gradelaufenlernzweibeiner, da tät ich persönlich mich ja nicht für das flinke mit dem vielen Fell entscheiden, derweil nebendran das Abendessen gemütlich umeinanderpurzelt. Running Uschi. Aber dann ist wahrscheinlich wieder nicht mehr so recht mit der Natur.
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