Fechten, Boxen, Kraul und Zehnkampf – selten war mein Leben so sportlich, seitdem ich bei den Bundesjugendspielen 1989 nach der zweiten Platzumrundung in akuter Schwäche zu Boden gesunken war und Tante Inge nicht wusste, ob sie Maßnahmen zur Reanimation oder gegen Hyperventilierung ergreifen sollte. Aus dieser Erfahrung speist sich auch meine Erklärung auf die Frage, wie und wann wohl entschieden wird, ob ein Mensch sich künftig dem Hammerwurf oder Stabhochsprung widmet. Ich mutmaße, dass auch mich einst ein Lehrkörper zur Seite nahm und vertrauensvoll riet: „Katharina-Liebes, du sehnst dich zwar nach der Eleganz und Leichtfüßigkeit einer Stufenbarren-Artistin, doch die Natur hat andere Pläne mit dir. Komm, wir lassen die glitzernde Welt der grazilen Luftakrobatik mal links liegen und ich zeige dir, wo deine Heimat qua Physiognomie dereinst liegt: Im Hammerwurf sehe ich eine glänzende Zukunft für dich und deine robuste Statur.“ So oder so ähnlich könnte es sich zugetragen haben, aus Trotz landete ich beim Fußball und geriet zu einer erfolgreichen Rechtsaußenverteidigerin mit strammem Schuss und berüchtigtem Hang zur Blutgrätsche, bis die Natur auch diesem ruhmreichen Gang Einhalt gebot und mir zwei zerstörte Kniescheiben bescherte. Seitdem Sport tendenziell nurmehr passiv, doch sowohl olympischer als auch Wettkampf-Gedanke sind mir erhalten geblieben. „Zwergi!“, rief ich also neulich dem Lieblingskind zu, welches sich trotz glühender Außentemperatur beharrlich weigerte, nebst drei Stück Kuchen auch nur einen einzigen Schluck Wasser zu verzehren, „Wir machen einen Wettkampf! Wer zuerst das Glas ausgetrunken hat! Gib dir keine Mühe, ich gewinne eh!“, und während ich das Glas zum Mund hob und sanft meine Lippen benetzte, soff der Kleine, was das Zeug hielt, um mir nachher mit überlaufenden Augen und hochrotem Gesicht, aber breitem Siegerlächeln das leere Glas zu präsentieren. Seitdem machen wir unser eigenes Olympia – wie’s uns grad gefällt nehmen wir die Disziplinen, wie sie kommen, und eifern um die Wette, soweit es das Motto „Sport mit Dreijährigen“ eben zulässt. Als da wären: Kirschkernweitspucken (Sieger: ich, Preis: Anschiss wegen eingesautem Kindershirt), Wespenfluchtlauf (Sieger: Zwerg, Preis: mehr Eis), Freibadarschbomben (Sieger: Hast du grad gesagt ich hab einen dicken Hintern??), Wetttrödeln (Sieger: guess who …), Zeit-Dümpeln (Abbruch wegen Schiebung, klarer Vorteil Zwerg durch Schwimmweste), Pfützenweitsprung (Sieger: Zwerg, Preis: Anschiss ich wegen eingesauter Kinderhose), Wasserbomben-Contest (Sieger: ich, Preis: weinendes Kind klaubt Plastikreste aus dem Rasen) sowie Indoor-Malen (Sieger: Zwerg, Preis: Wände jetzt frisch geweißelt). Könnt ich ewig weitermachen. Dabeisein ist schließlich alles!
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