Freitag, 2. August 2024

Restessen

Fragen, mit denen wir uns gemeinsam übers Sommerloch hieven können: Wer wird neue US-Präsidentin? Wann ist ein Mann ein Mann? Was isst Markus Söder morgen? Und wer ist eigentlich Giovanni Mozzarella? Wir können das aber auch sein lassen und uns stattdessen mit der einen wahren, wichtigen Frage beschäftigen: Warum ist am Ende des Hungers immer noch so viel Grillgut übrig?! Ja richtig, ich schreibe diesen Text mit einem ausgewachsenen vormittäglichen Hungergefühl im Bauch. Leider ist im Kühlschrank nichts vorhanden, was dieses zu stillen vermag. Oder anders: nichts, was auch nur ansatzweise appetitanregend wirkt. Und das, obwohl der Kühlschrank wortwörtlich zum Bersten gefüllt ist. Allerdings mit, naja: Resten. Es gibt ersoffenen Krautsalat und aus der Form geratene Kräuterbutter, kalte Veggiewürste und zu unansehnlichen Fettklumpen erstarrte Käsetaler, es gibt versteinertes Baguette und Nudelsalat (geschüttelt, nicht gerührt), der mich mit milchigen Augen dämlich anglotzt wie Karpfen im Aquarium, nebst phasengetrennter mediterraner Aufstriche, außerdem übermäßig sonnengereiftes bzw. vorgekochtes Gemüse sowie eine tonnenschwere Wassermelone unbekannter Herkunft, nicht zu vergessen eine extra große Flasche Curryketchup (der echte, von Hela), eine XXL-Tube Senf (extrascharf) und, natürlich, das Dreigestirn des Grillabends: Cocktail-, Knoblauch- und Curry-Sauce. Die verschiedenen Getränke (Bieri diversi sowie gemischtes aus der Limo-Theke) mal ganz außen vor gelassen … Wie konnte das passieren? „Wir grillen, aber nur ganz rustikal!“ heißt meistens die Parole, und damit ist gemeint: Bitte mach dir keine Arbeit, aber erwarte auch nicht, dass ich mir welche mache. Sich bodentief durchbiegende Tafeln mit allerlei Salaten, Dips und Mariniertem – nicht mit mir, denn schließlich ist die Zeit stets knapp. Der Schlachtruf lautet „Männergrillen!“, und damit ist klar: Fleisch und Bier, fertig. So war das zumindest mal. Mittlerweile ist aus der präzisen Anordnung eine schwammige Angelegenheit aus Abstinenz, Fleischverdruss und Intoleranzen geworden, weswegen jeder aufgerufen ist, sich selbst zu versorgen – und zwar NUR sich selbst! Doch wenn fünf Personen mit Hunger einkaufen, erwerben sie Lebensmittel für zehn, und weil „da hab ich gedacht dass ich das mal mitbring für alle zum Probieren“ und „davon hab ich paar mehr eingekauft falls das auch jemand mag“ und weil „ich kann bei der Hitze nicht mehr essen als ein halbes Würstel und einen Melonenschnitz“ passiert eben, was passieren muss: der große Überfluss, der jetzt meinen Kühlschrank verstopft sowie vermutlich den vieler anderer ebenfalls. Hunger? Hab ich jetzt eigentlich keinen mehr. Ist eh viel zu heiß.

 

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