Freitag, 25. Oktober 2024

Meditation

 „Einatmen – zwo, drei vier – halten – zwo, drei vier – ausatmen – zwo, drei, vier – halten – zwo, drei, vier – einatmen – zwo, drei vier – halten …“ Entspannung ist in aller Munde, so natürlich auch in meinem, denn wir alle sind viel zu angespannt und permanent im Stress. Aus Eu-stress, dem guten, der uns zum rechtzeitigen Fertigstellen des Sonntagskuchens befähigt oder der Abgabe des besten aller Texte noch drei Minuten vor Deadline, wird Di-stress, also der schlechte. Der macht Magengrimmen, schlechte Nächte und am Ende Herzinfarkt, und weil niemand Herzinfarkt möchte, sucht der Mensch sein Heil in der Entspannung. Fündig wird er beim Bergbesteigen oder -hinabfahren, beim Jäten oder Musizieren, im Herabschauenden Hund oder Körbeflechten. Bestenfalls erreicht er einen Flow, in dem er gleichsam einem Jungbrunnen ganz versinkt und später erquickt wieder hervortaucht. Mei, hat das gutgetan. Doch es gibt zahlreiche andere Methoden, die die große Entspannung verheißen: Klangschale, Meditation und Atemschule versprechen den Körper zu beruhigen und den Geist zu erleichtern. Um diese Methode zu ergründen und bestenfalls irgendwann einmal die für mich geeignete zu finden, lag ich unlängst auf einem Boden. Auf eine dicke Matte gebettet wegen der Bequemlichkeit, versehen mit verschiedensten Kissen und Rollen zur angelegentlichen Hochlagerung verschiedener Körperteile und beschwert von einer mächtigen Decke sollte ich liegen und loslassen, anspannen und loslassen und die Gedanken sammeln und loslassen, was für mich ausgesprochen wichtig ist. Denn stets bin ich mit Gedanken so befüllt, dass das loslassen derselben sich für mich höchst schwierig gestaltet, sondern eher das Gegenteil auslöst: Sobald der Geist zur Ruhe kommt und sich nicht aktiv mit irgendwas beschäftigen muss, schaut er einmal nach links und rechts und klatscht dann freudig in die Hände: „Ach herrlich, endlich einmal haben wir alle Zeit und Ruhe der Welt, um alles anständig zu durchdenken. Da fällt mir ein: Hast du bei der Versicherung schon angerufen, um diesen seltsamen Beitrag endlich zu klären? Hast du schon den Termin beim Optiker vereinbart oder möchtest du weiter halbblind durch die Gegend laufen? Was machen wir denn jetzt eigentlich mit dem ungeliebten Fahrrad, wollten wir das nicht längst bei Ebay einstellen? Und wann genau gedenkst du eigentlich das Geschenk für Mutters 70. endlich anzugehen? Aber darüber können wir auch bei Wäscheabnehmen nachdenken. Auf auf!“ und schon ist aus dem befreiten Geist ein emsiger geworden. Also liege ich hier und lenke meine Gedanken auf ein imaginäres Quadrat, dessen Kanten ich abgehen und an ihnen entlang ich atmen kann. Ein, zwo drei vier, aus, zwo drei vier, ein, zwo drapüü … rapüü … Oh, Verzeihung. Scheint geklappt zu haben, bin prompt kurz eingenickt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen