Was ist der Deutschen liebstes Thema? Lüften, richtig, aber
das können wir ja dank Kippstellung jetzt erstmal wieder auf die lange
Herbstbank schieben. Was bleibt also? Genau: Wetter! Haben wir aktuell
vergleichsweise viel davon. Um und an Pfingsten haben wir traditionell
besonders viel davon, was Freunde des Festivals oder einschlägiger
Heimat-Kärwas leidlich wissen. Verwandelt sich das Bierzelt in einen Dampfgarer
(draußen Regen und Matsch, drinnen Schwitz und Dunst) oder in einen Schnellkochtopf
(draußen Hitze, drinnen noch schlimmer)? Muss ich mich fürs Festival mit
Gummistiefeln und Regenponcho behängen oder mit Wasserschläuchen und
Sonnenhüten? Man weiß es nicht, kann im Vorfeld eh nichts mehr daran ändern und
lebt also gezwungenermaßen im Moment. Hätte sich da in den vergangenen Jahren
nicht eine neue Spezies von Wetterexperten entwickelt. Früher war das so: Man
hörte oder tagesschaute am Vorabend einem Meteorologen bei der Arbeit zu,
danach wusste man zwar auch nicht mehr immerhin, in welcher Bandbreite sich das
Tagesequipment ungefähr bewegen sollte. Dann zerrte man meist einen Großteil
des Gepäcks umsonst herum, war aber auf alle Eventualitäten eingestellt. Seit
einiger Zeit hat sich in dieser bewährten Methode jedoch eine Änderung vollzogen,
die für Verwirrung, Aufruhr, Absagen, Planmodulationen und schlimmstenfalls
Streit sorgen. Diese Änderung heißt „WetterApp“, darin enthalten die besonders
wichtige Funktion „Regenradar“, dank derer Menschen sich dazu befleißigt
fühlen, zu echten Wetterexperten aufzusteigen. Weil: „Meine App hat immer
recht.“ Es ist ja gegen eine meteorologische Detailplanbarkeit ersteinmal
nichts einzuwenden. Ich schlepp auch ungern den Friesennerz durch Gluthitze.
Leider haben verschiedene Apps verschiedener Menschen verschieden recht, und
schon wird’s problematisch. Die eine sagt zielsicher Gewitter um 17.38 Uhr
voraus, die andere Trockenheit bis 21 Uhr. Die eine weiß von sicher Sonne bis
16 Uhr, die andere von sicher Nässe gegen 13.45 Uhr. Umstände, über die man
sich vortrefflich streiten kann, wenn es um Ausflüge, Seetage oder Gartenpartys
geht. Besonders wichtig ist es hierbei, keinesfalls nach der Devise „Jetzt
machen wir halt, dann sehen wir schon“ zu agieren, sondern möglichst dezidiert
und ausschweifend die jeweils aktuelle Meldung der App zu diskutieren: „Oh,
jetzt sagt sie plötzlich Regen um 16.19 Uhr.“ – „Hä nee meine ist immer noch
bei 17.38 Uhr.“ – „Also ich hab ja die Spezialapp die man eigentlich als
Normalo nicht herkriegt, und die sagt ganz klar: Schauer um 13.20 Uhr, danach
trocken.“ – „Und was machen wir jetzt?“ Immerhin: Wenn es nach stundenlanger
Diskussion über Unwetter und wann und wie doll endlich zu tröpfeln beginnt,
sind alle wieder vereint, denn alle haben irgendwie recht. Und wenn nicht, sind
alle irgendwie froh. Mir ist es egal. Ich war ja auf alle Eventualitäten
vorbereitet.