Donnerstag, 17. Dezember 2015

Advent, Advent, ein Flüchtling brennt

Ach, was haben wir nicht gelacht neulich, bei der „Anstalt“, bei der Talkrunde. Der dumme Nazi, es werden immer mehr, wohin nur mit denen, wie soll Deutschland damit fertig werden, haben wir ja aber schon mal geschafft, damals als der Ossi die Republik erstürmte, barfuß und mit nichts am Leib als eine Bananenschale, jetzt ist er integriert, der Ossi, und schreit am lautesten, als Nazi. Wie undankbar. Wie empörend, schüttelt der Bildungs- oder wenigstens Wohlstandsbürger des, sagen wir mal, östlichen Speckgürtels das Haupt und nimmt einen tiefen, doch gar nicht so schlechten Schluck vom Beaujolais.

Man hat jetzt aber auch nicht weiter Zeit, man muss doch nächstenlieben. Advent ist, Zeit der Barmherzigkeit, Zeit der Spenden, die alten Schuhe von Opa, die schon ewig im Weg stehen, hat man schon in den Kleidercontainer geworfen, eine mottenlöchrige, doch warme Jacke auch, wird schon an die richtigen Stellen kommen, ist ja kalt jetzt, und die armen Schweine da in ihren Zelten, schlimm, wirklich schlimm, und das Fernsehen, das mag man gar nicht mehr anmachen, immer diese Bilder, dieses Elend, wie soll man sich da konzentrieren auf die wirklich wichtigen Dinge, Weihnachtsmenüsitzordnung beispielsweise, oder ob Oma nicht vielleicht an Heilig Abend doch besser in der Demenzstation bleiben sollte, das tut der ja auch nicht gut, mit dem Ortswechsel. Ins Theater, da kann man hingehen, toll wie diese Kabarettisten mit der Krise umgehen, was haben wir gelacht, auf dem Heimweg im sitzbeheizten Q7.

Und Recht haben sie, Mensch, dieser Pöbel da auf der Straße immer, was sind denn das für Leute? Ossis, alles Ossis, Arbeiter, Pack. Wie undankbar. Fünf Euro für UNICEF, Spendenquittungen kann man von der Steuer absetzen, man kann ja schließlich nicht allen helfen, und nachher bin ich mit Brigitte verabredet bei Nespresso, ach, der George, der ist schon so einer. Aber wirklich schlimm, das alles. Da braucht man schon mal seine Ruhe, das muss man doch verstehen. Bayern 1 spielt „Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all“, das ist schön. Aber irgendwo muss doch mal Schluss sein. 35 Kinder, das Elend vorm Haus haben, jeden Tag sehen, wo soll denn das hinführen, wenn ich im Problembezirk wohnen wollte, würde ich das tun, und plötzlich brennen nicht nur die Mülltonnen sondern auch der SUV, ganz sicher, die haben doch alle einen Hau, das müssen die ja wohl über kurz oder lang mal rauslassen.

Schreiben wir also einen Brief, wenn schon kein Bürgerentscheid ausgelobt worden ist von der Stadt. „Neben einer eventuellen Einschränkung der Lebensqualität und Ruhe […], Gefährdung der Sicherheitslage etc. werden wir durch sinkende Grundstückspreise teilenteignet.“ Das muss man doch mal sagen dürfen, da ist man doch noch kein Nazi. Minderjährig und unbegleitet? Dafür gibt es Lager, da sollen die hin, da sind sie unter sich, ist ja auch nur gut für diese Syrer oder Afrikaner, Schwarze halt. Hauptsache, die verstehen das mit unseren christlichen Werten. Advent, Advent, ein Flüchtling brennt, erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht der Krampus vor der Tür.

Wochenende? Keine Zeit. Muss deutsche Krippe aufbauen. Ein Ochse und ein Esel. Auch hübsch.

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