Freitag, 24. Mai 2019

Wassersäule

„Es regnet, es regnet, die Erde wird nass!“ Juhujuhee, freut sich der besorgte Bürger, jetzt muss der Wald und überhaupt ein jeder Baum doch genug gesoffen haben für mindestens drei Jahre, kann ich ganz beruhigt wieder in meinen SUV steigen und eine kleine Spazierfahrt durch die Auen machen anstatt mich weiter zur Bürgerwehr zu formieren weil es ist ja der Borkenkäfer nur ein Vorwand für den Häuslebau. Ja ich kann das schon verstehen, ich hab mich auch gefreut über den Regen. Doch fei wirklich, mit so ungefähr einem Gesicht als hätt mir links und rechts jemand die Mundwinkel an die Ohrwascheln gepanzertapet bin ich herumgefahren und hab allen Grantgesichter fröhlich zugewinkt und „Regen“ gerufen und „wichtig“. Besonders fröhlich zum Beispiel ich hab ich neulich eine halbe Stunde unter einem Glasdach gestanden, weil das ist eh auch besser für die Akustik bei Regen und hab mir gedacht, Mensch, hoffentlich hört das erst nach dem Ladenschluss auf, dann sparst du dir den sehr lästigen Einkauf. Auch wirklich spezialfest gefreut hab ich mich letzte Woche, weil da war vormittags Superbalkonverschönerung, so richtig mit Pflanzen und dann Stühle geputzt und Boden auch und Teppich darauf gelegt wegen Ambifloor und dann hab ich einen kleinen Radlausflug gemacht und als ich wieder heimgekommen bin war daheim der Balkon voller Schwarz, weil der schöne Regen nämlich ganz feste in die Blumenkübel hineingeregnet hat und gefunden dass da eh zu viel Erde drin ist. Auch wirklich besonders gefreut dass es endlich regnet hab ich mich mal nachmittags auf dem Fahrrad, weil der Mensch muss von A nach B und ganz offenkundig gibt’s da einen im Gegensatz zum Ampelsystem der Stadt ganz schlauen Wassermarschmechanismus, und so surfst du wenn schon nicht auf der grünen Welle, so doch auf einer aus lauter Dreck und Herrlichkeit. Ölteppiche hab ich durchfahren und so großflächige Schlodderseen wo du sagst: Jetzt wenn ich meine Matschhose und die Gummistiefel anhätt, reinlegen tät ich mich! Leider hab ich aber die Wildledernen angehabt, und die wie auch die nicht sehr resistente Jeanshose haben dann hernach ein schönes neues Muster gehabt. Auch wegen neues Muster hab ich letzthin eine Regenjacke erworben. Ganz schön in blau und Kolibris und lebensbejahend, und dass der Regen ruhig kommen soll, hab ich mich gedacht. Gottlob hat ein schlauer Mensch mich vor Unheil bewahrt und mich aus Gründen der Rechthaberei in die Jacke gewandet unter die Dusche gestellt. Sagen wir mal so: Hab ich jetzt doch lieber wieder immer meinen guten, alten Sack an. Der ist zwar weder Gelb noch sonstwie formschön, hält aber im Gegensatz zum Meiaberdesisdochabersoeinschöneskolibrimuster überraschend trocken. Wenn ich mir doch noch Gelben Sack hol und daraus Schuhe und Hosen bastle, seh ich mich gewappnet. Muss ich mich aber beeilen, weil das wird ja abgeschafft. 2037, ungefähr. Bis dahin regnet’s hoffentlich noch viel. „Und wenn's genug geregnet hat, dann wächst auch wieder Gras!“

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