Diese Woche war ich auf einem Fest eingeladen. So ein richtiges Fest, nix mit Facebook und so, sondern schön auf Papier und in persönlich. Da hab ich mich gefreut und war auch ein bisschen aufgeregt, weil mit neuen Sachen ist man immer ein bisschen aufgeregt weil weiß man nie genau wie’s ausschaut auf dem Tanzparkett und wie viele Fettnäpfe so für mich herumstehen. Mutig bin ich aber hingefahren und dann gab’s Tür und Begrüßung und Gästeliste, und ich sag „Servusgrüßgotthallo, ich bin die Katharina Wasmeier v…“ – „UM GOTTES WILLEN!“, hat man mich da angeschrien, „BEDECKEN SIE SICH!“ Jetzt musst man sagen, dass ich schon eine gewisse Unsicherheit wegen der Klamottenfrage gehabt hab daheim: Es hat 40 Grad im Schatten, aber spätestens seitdem ich vor sehr, sehr vielen Jahren einmal in der legeren Surferklamotte morgens ins Büro gekommen bin und dort von feingewandeten Kollegen seltsam angeschaut worden bis sich eins erbarmt und mir verraten hat, dass der allergrößte Oberchef im Haus und darob der Casual Friday per Mail als „Business as usual (zwingerzwinker)“ ausgelobt worden ist, bin ich da ein bisschen also ich möchte nicht sagen: übervorsichtig, aber ja, doch: panisch. Aber ausschauen wie direkt aus ganz unten U3-Geschoss Bank- oder Bibliotheksverwaltung willst du auch nicht, also eine Mischung versucht und toitoitoi, werden sie dir schon nicht gleich den Zutritt verweigern. Entsprechend hab ich doch vielleicht ein bisschen erschrocken geschaut bei der Begrüßung, weswegen dann geflissentlich Information nachgereicht wurde: „Sie sind ja krebsrot.“ Da bin ich fastbeinahe kurz ein bisschen spontan eingeschlafen, denn es folgte altbekannte Rede: Waren Sie in der Sonne? (Nein, ich hab von Natur aus roten V-Ausschnitt und hinten ein Schleiferl, die rote Nase kommt vom – na Sie wissen schon) Haben Sie sich nicht eingeschmiert? (Nein, in meiner Familie haben wir eine interne Wette wer zuerst Hautkrebs bekommt, der bekommt das Elternhaus. Zur Entschädigung.) Haben Sie sich geaftersunt? (Ja, aber das haben die vier Millionen Fliegen, die ich auf dem Weg hierher mit meinem Körper eingesammelt habe, gierig abgeküsst. Den Rest schmier ich OB und Chefs beim Hallo ans Revers). Kurz bevor die Empfangsfrau mir einen Security an, nein: um den Hals hat werfen können, und ich hätt nicht mit Gewissheit sagen können, ob zu meinem Schutz vor Abendsonne oder Schutz der Gäste vor Anblick des entstellten Leibs, hab ich mich einem Sektglas untergehakt und in Sicherheit vor Übergriff bringen können. Dacht ich, weil auch das Fest selbst hat nur so gestrahlt vor Besorgnis und wohlmeinenden Ratschlägen und noch nie zuvor gehörten Tipps und statt einfach einem „Hallo“ sagen Menschen „Ich hab fei Sonnencreme dabei.“ Nur eine Dame sprach: „Wow bist du braun, warum bistn du so braun? Kommst du aus dem Urlaub??“ Dafür hab ich sie geliebt und tu es immer noch. Dass die Dame selbst mit Alabasterhaut und Elfenbeinteint gesegnet ist, spricht wenn überhaupt nur für sie. Wer mich also am Wochenende finden will, der sucht einfach nach etwas, das wie Pommes Schranke aussieht und tanzt. The Rest is Silence.
Freitag, 26. Juli 2019
Brandschutzbeauftragte
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Freitag, 19. Juli 2019
Sommerkämpfe
Gerade beim Schreiben dieser Zeilen schwirrt mir ein Getier um den Kopf. Es ist groß und laut und vor allem deutlich sichtbar, nicht zuletzt dank gestreifter Signalfarbe, und deswegen kann ich es gut leiden. Exakt jetzt genau ist es verstummt, was ich schon gleich viel weniger gut leiden kann, bedeutet das doch eine mutmaßliche Rast, die bei Tieren dieser Sorte gerne einmal eine große Gefahr des Drauflatschens und Bestrafung des (haha) Ver-Gehens mit schlimmem Schmerz birgt. Nach einer sofortig eingelegten Expeditionsrunde hab ich das Tier entdeckt. Es rastet auf einem Holz, leider jedoch nicht auf einem solchen, wo man sagt: Da haut man jetzt halt einmal kurz aus Versehen mit einem Diercke Weltatlas drauf, und schon ist die Gefahr gebannt, sondern eher so eine Art Holz, wo man hernach wegen Dominoeffekt sehr lang den Raum neu dekorieren müsst, quasi eher unverhältnismäßig. Den Raum verlassen, verriegeln und warten, bis es stirbt oder gar von allein wieder hinausfindet, ist auch keine Option, denn man weiß ja: Störendes Getier findet prinzipiell immer sehr vorzüglich in eine Wohnung hinein, niemals jedoch aus dieser wieder hinaus. Nach dem selben Prinzip ist gestern ein Gschmeiß verfahren, dass sich von morgens bis abends mit dem Rücken und ungläubiger Verzweiflung ans Fensterglas geworfen hat, ganz so wie bei der Marlen Haushofer ihrem Buch, wo ja auch plötzlich eine mordsunsichtbare Mordsscheibe umeinandersteht in der Welt. Und ich muss schon sagen, ich hab dermaßen gut Fenster geputzt, dass ich selber öfter einmal aus Versehen ein bisschen den Kopf zu weit aus der vermeintlich offenen Luke streck. Jetzt sind das alles so Tagsüberepisoden, wo man mit einer Mischung aus Nachsicht, Genervtheit und wissenschaftlichem Interesse relativ entspannt beiwohnen, womöglich (wie soeben geschehen) mit einem der hier zahlreich herumliegenden Festivalbierbecher einmal beherzt durch die Luft fischen und dann das Tier vom Balkon werfen kann. Und dann gibt es aber noch diese anderen Situationen. Die finden vorzugsweise nachts statt. Da hast du grade abgeschaltet, erst das Licht und dann den Geist, und im letzten Moment grad bevor du bewusstlos wirst donnert ein Hubschrauber auf dich zu. Geradewegs reißts dich vom Halbschlaf in den Sitz, ein Licht wird eilig entzündet, doch so sehr du auch schaust und mit dem Suchscheinwerfer forschst, es ist einfach nichts zu sehen, es ist, als hätte der Hubschrauber einen Tarnumhang, der durch Nachttischlampe aktiviert wird. Irgendwann erkennst du dann, dass das mikroskopisch kleine Staubkörndl, das im Augenwinkel umeinanderstiebt, die Ursache für das Horrordröhnen ist, und es folgen unwürdige Szene aus Lauern und Jagen, in denen man sich ein Chamäleon am Stecken wünscht, um damit durch die Luft zu wedeln. Leider hat man nur eine Klatsche. Ja, auch in der Hand, und so sinkt man schweißgebadet auf die Schlafstatt, propft sich Wachs in die Ohren und reckt einen Arm empor – nicht in Siegerpose, sondern als Zeichen des demütigen Antritts zur Blutspende. Sollte ich die Anämie überleben, bau ich mir am Wochenende Gitter vor die Fenster. Ob man selbst dann ein- oder alle Unbill ausgesperrt wird, ist ja immer Ansichtssache.
Freitag, 12. Juli 2019
Speicherkapazitäten
„Meine Hände“, wurden mir Anfang der Woche zehn Patschefingerchen ins Gesicht gehalten, „sehen aus wie die von einer alten Frau!“ Ich, milde: „Ja genau: wie meine halt auch“, und reckte die zwei Runzeln ins Gegenübergesicht. „Das könnte vielleicht einfach daran liegen, dass diese Hände grade wieder wie Hände aussehen und nicht mehr wie aufgeplatzte Weißwürste, hm?“ Das Gegenüber, die Demarkationslinie der 30er grade mal so am fernen Horizont vermutend, blickte betrübt, jedoch auch einsichtig drein. „Genau so wie Füße“, hab ich darum geholfen. „Die hab ich gestern angeschaut auf der Couch und gesagt hallo, hab ich gesagt, da seid ihr ja wieder, ihr Zehen und Sehnen!“ – „Ja genau“, hat sich das aufgehellte Frohgesicht gefreut, „und man hat nicht mehr einfach nur so einen Klumpen, wo vorne fünf Wienerle rausschauen!“ – „Pumuckl-Füße“, hab ich referiert, „ich sag immer: Pumuckl-Füße, weil der hat das auch so, völlig ohne eine Kontur und aber schön prall und patschig!“ Wir haben uns dann noch ein bisschen ausgetauscht über Melonenknie im Speziellen und Aufgedunsenheit im Allgemeinen, warum Nicht-Trinken wenig hilfreich ist, wohl aber Venen-Aktiv und Rosskastanienbalm und warum „Füße hochlegen im Büro“ hierzulande eigentlich als faule Untätigkeit so verpönt, doch aber eigentlich eine medizinische Notwendigkeit ist. Weil man muss schon sagen, bei aller Freude über Sommer und Draußen und Ole, es geht die Hitze mit einem gewissermaßen beschleunigten körperlichen Verschleiß einher, dass muss man schon auch einmal so festhalten. Große Abnutzung an sprichwörtlich allen Ecken und Enden, weswegen nicht nur der Verstand (Stichwort „Spaßverpassungsangst“), sondern auch der Leib sich grad erleichtert seufzend in die Sommerpause sinken lässt. (Notiz: Unterschiedliche Bedeutungen von „Sommerpause“ ergründen. Hierzu Fußballspieler befragen. Und -schauer.) Allem voran kann der Körper nämlich nun wieder aufhören, zu versuchen, eine Sukkulente zu sein. Oder ein Kamel, ich weiß es nicht. Jedenfalls irgendetwas, das mit aller Kraft jeden Tropfen Wasser speichert weil es könnte sein dass es lange keins mehr gibt und für die Notzeit muss man also ausgerüstet sein. Dass der Menschenkörper nun halt zwar über viel Fleischiges, leider aber keine Blätter verfügt und Höcker auf dem Rücken, da ist jetzt die Evolution leider nicht so schnell wie dieses „Klimawandel“, das sieht er halt nicht ein. Also wohin mit der Reserve? Genau, hinein in die Extremität, deren Name direkt dann auch noch eine ganz andere Bedeutung erfährt. Wegen „extrem“, gell, verstehter schon. Und es bringt auch noch andere praktische Aspekte mit sich, weil wenn so ein Ehering tief im Fingerballon verschwindet, dann beispielsweise messereist es dich doch gleich viel angenehmer durch so eine Sommernacht, oder wenn du sagst: Mei, die Sandalen, da hätt ich mir vielleicht eine andere Farbe gewünscht zu dem Gewand – schwupps versenken sich die Riemchen im Wolkenfuß und alle Sorgen sind gelöst. Naja. Oder man zieht halt Turnschuhe an. Da passt man jetzt auch wieder rein.
Freitag, 5. Juli 2019
Heiße Nächte in Nürnbergo
Heiße Nächte, heiße Nächte in Nürnbergo, ohoooho …! Zum Weinen anfangen hat hoffentlich keiner müssen, aber jetzt formulieren wir’s einmal vorsichtig: Wir waren alle schon einmal ausgeschlafener und fitter, gell? Wobei man freilich zugestehen muss, dass dank dieses Gewitters, von dem das Fernsehen berichtet hat, es schon ein bisschen kühler, man möchte fast sagen: kälter geworden ist und die Idee an eine Bewegung draußen nicht mehr gar so absurd erscheint wie noch vor einer Woche, wo ich einmal abends frivol in den Park ein sehr schönes, sehr unbenutztes Speedminton mitgebracht hab und anstatt dass man mir applaudiert für Sitzen statt Schwitzen ... Nein. Schwitzen im Sitzen. Nein auch nicht. Sitzen beim Schwit… Schwitzen statt Sitzen, jetzt hab ich’s! Also anstatt Applaus gab’s Schmäh und Buh und Geisteszustandsinzweifelziehung noch bevor auch nur ein freundliches Wort des Grußes geäußert worden war. Ich hab mich dann ein paar Meter weiter weg zu anderen Menschen auf die Decke geworfen.
Und das hätt ich wohl mal lieber besser bleiben lassen, weil wo gehobelt wird, da fallen Späne, und wo nicht geregnet wird, da fällt allerlei Gewächs, und zusammen mit der Schwitzerei, wo du wirklich dann nicht mehr weißt, wo das eigentlich alles herkommen kann und wieso dir jetzt einfach nur im Stehen ein Rinnsal aus der Armbeuge läuft, zusammen damit jedenfalls gibt das eine feine Melange auf der Haut wo du sagst: Ja mei, so ungefähr macht der Elefant das und das Nashorn auch, immer schön drauf mit dem Dreck und schon hab ich einen prima Sonnenschutz. Es ist halt jetzt gesellschaftlich nur leider wenig anerkannt, dass du herumläufst bei dem Wetter wie frisch paniert. Das versteh ich nicht, weil anscheinend ist es sehr wohl anerkannt, dass du aus ich weiß nicht Gründen des Umweltschutz oder auch der Ersparnis oder wegen der sensiblen Haut auf ein Deo lieber mal verzichtest. Gesamtexistenziell betrachtet schwer erschöpft lässt du dich abends hineinfallen in dein Nest.
Der Leib verlangt nach Schlaf, nicht jedoch danach, von irgendwas berührt zu werden, nicht einmal von sich selbst, also balancierst du freischwebend auf den Pobacken im Bett, bis der Bauchmuskel reißt. Von diesen fünf Sekunden großer Anstrengung an den Rand des Zusammenbruchs gebracht, versuchst du dich im Chakrasana – beim Bundesjugendspiel im Turnen hieß das „Brücke“, sagt man aber heut nicht mehr so – und stemmst dich mit Händen und Füßen empor, doch diese Haltung führt zu Blutstau im Kopf und großem Schwindel. Du resignierst. Liegst so da und wartest auf des Todes Bruder, dämmerst leise fort un … „DU GLAUBST DOCH NICHT IM ERNST DASS WIR SO AUCH NUR EINE SEKUNDE LANG SCHLAFEN DÜRFEN??“ wirst du plötzlich angeschrienen und es wedelt dein innerer Neandertaler mit dem Speer und fuchtelt Kriegsfiguren gegen Säbelzahntiger in die Luft. Seufzend nimmst du einen winzigen Lakenzipfel und legst ihn die sanft auf die Hüfte. Ruhe kehrt ein. Endlich. Bissssss …
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