Im beliebten Spieleklassiker „Das verrückte Labyrinth“ geht
es darum, sich einen Weg durch das Spielfeld zu suchen, indem man
Pfad-Plättchen hin und her schiebt. Leider tun Mitspieler das gleiche, weswegen
binnen einer Spielrunde ein vermeintlich perfekter Weg gänzlich zerstört sein
kann. Mitten in diesem Spiel: ich die inmitten des 3D-gewordenen Labyrinths
werkt und wirkt und tagtäglich mit neuen Überraschungen labyrinthischer konfrontiert
wird. Statt „finde den grünen Stein“ oder „besiege den dreihörnigen Teufel“
lauten die Aufgaben lebensnah „gehe einkaufen“, „gehe zur Physiotherapie“ oder
auch mal „finde nach Hause“. Und wie das so ist im verrückten Labyrinth sind
sichere Wege vom Vortag über Nacht plötzlich verschwunden und man steht vor
einer neuen Aufgabe, die sicher für irgendwas gut ist. Demenzprophylaxe,
Karma-Stärkung, was weiß ich. Ich weiß nur: Alles ist Baustelle, und egal in
welche Himmelsrichtung ich mein Haus verlasse – nach 50 Metern ist Schluss und
das Pfadfindertum beginnt. Im unmittelbaren Umkreis werden aktuell ein
Bürogebäude und vier Wohnhausdächer erneuert, ein ganzer Gebäudekomplex neu
erbaut sowie zwei städtische Hauptverkehrsachsen kernsaniert – ein Spielsimulator
Deluxe, der sich nicht mit purem Wegebahnverhalten abgibt, sondern die Welt in
Teams aus Gegnern und Mitspielern einteilt: Gegner versuchen dich mit
Grabesmiene zu zerstören, Mitspieler erkennt man an Kooperationsbereitschaft
und Lächeln. Beispielaufgabe „Einkaufen“: Das Radl trägt dich in die
ausgewiesene Richtung, doch wo du gestern noch froh warst über die umfahrene
Großbaustelle, lotst dich das Umleitungsschild pfeilgrad in einen Abgrund aus
abgetragenem Straßenbelag und klebrigem Schwarz, das dir die Reifen zu
vulkanisieren droht. Du springst ab, schiebst mutig unter röhrenden Baggern
hindurch, um vergnügt die nächste Straße zu überqueren, doch dort findest du
dich statt wie gewohnt auf einer rettenden Mittelinsel mitten auf der nurmehr zweispurige
Schlangenlinien beschreibenden Straße wieder. Du weißt nicht, was du den
vorbeirasenden Autos opfern sollst: Kopf oder Hintern? Beispiel „Parkbesuch“:
Du verlässt das Haus mit einer Vollbremsung, denn da wo gestern noch ein Radweg
war, prügeln sich heute Autofahrer durch den Stau. Du machst auf dem Absatz
kehrt, balancierst am Rande eines neuen Abgrundes, schlängelst dich zwischen
Mülleimern, eRollern und Rollatoren verbotenerweise über den Gehweg. Die
Chancen stehen 50:50, dass du in der folgenden Baustellenunterführung von einer
renitenten Oma vom Rad gewreselt wirst oder man dir lächelnd Durchfahrt
gewährt. Bei der Aufgabe „Heimreise“: Du steuerst zuversichtlich die
Straßenüberquerung an und landest pfeilgrad in einer Wand aus Absperrbaken, die
da gestern garantiert nicht waren. Du setzt dich hin und wein… lachst. Wer
lacht, gewinnt!
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