„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Drum
nähme ich den Stock und Hut und tät das Reisen wählen.“ Was der Dichter
Matthias Claudius kann, können Kolumnistinnen schon lange, und so taten zwei
Vertreterinnen dieser Zunft neulich gemeinsam eine Reise, „weil vielleicht
erleben wir dann irgendwelche tollen Dinge, über die wir schreiben können.“ Um
die Wahrscheinlichkeit berichtenswerter Episoden zu erhöhen, wählten sie für
diese Reise, die in Wahrheit nur ein winzigkleiner Ausflug ins fränkische
Hinterland war, mit großer Sorgfalt einen Tag, der sich laut Wettervorhersage
alle meteorologischen Phänomene als Option offenhielt, um sie nach Lust und
Laune über die Menschen zu streuen. „Ich fahr jetzt dann los, grade scheint die
Sonne und ich schwitz. Wenn es in zehn Minuten schneit oder hagelt, können wir
ja wieder umdrehen.“ Gesagt, getan, und so reiste man kurz darauf frohgemut
durch einen Nebel aus Starkregen, durch den gelegentlich grellstes Sonnenlicht
gleiste und die Reisenden blendete. Bester Start für einen großen Reisebericht.
„Ich hab einen leeren Tank, aber bei Shell darf man nicht mehr, gell?“ ließ die
Fahrerin die gelbe Muschel an uns vorbeiziehen. „Es kommt aber halt jetzt
nichts mehr die nächsten 30 Kilometer“, sprach der Beisitz und erfuhr: „Ist
doch egal, dann schieben wir und haben schon was für die Kolumne.“ Entgegen der
vollmundigen Ankündigung wurde dann jedoch sowohl getankt als auch für alle
anderen etwaigen Notsituationen vorgesorgt. „Ich hab für uns beide ein Wasser
dabei wegen der Verdurstungsangst. Meinst das langt oder sollen wir lieber noch
einen Kasten kaufen?“ – „Nee, aber lass mal noch zu einem Bäcker fahren und
Brezen holen.“ – „Ich hab fei Erdbeerkuchen besorgt.“ – „Sicher ist sicher!“
Bei einer Ausflugsfahrt von geplanten eineinhalb Stunden ins infrastrukturelle
Nirgendwo kann Gott weiß was passieren. Am Ziel angekommen („Schau, da läuft
echt ein Pfau frei herum!“ – „Wo??“ – „Ach nein, war nur eine Mülltonne …“) wurde
erst ein ausgesprochen gerölliger Berg erklommen und dann kreativ im Lehmboden
geparkt – große Chancen für eine möglichst stressige Abreise mit Holzbrettern,
Abschleppdienst und Tränen. Die Kolumnistinnen liefen einen steilen Abhang
hinauf – um die Hüften je drei Jacken (leicht, warm, regenfest), Gebäck und
Getränk jonglierend – und ließen sich nach anspruchsvollen 50 Metern auf einer
Bank nieder, um sich dort von einer aufregenden Begegnung mit einer winzigen
Spinne zu erholen. „Ein Wahnsinnausflug bisher. Was genau willst du da dann
erzählen … ?“ – „Ich weiß nicht, aber noch haben wir ja nicht wieder
ausgeparkt. Warten wir’s einfach ab.“ Gesagt, getan, und so verflogen die
Stunden mit prächtigem Gegacker und der sorgfältigen Abwägung der Themen auf
Kolumnentauglichkeit, um am frühen Abend ohne weitere Vorkommnisse wieder in
der Stadt zu landen. Hm. Wirklich nix zu erzählen. Aber die Reise war trotzdem
schön.
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