Pfingsten 2023: „Mädels, ihr seht aus wie Rock im Park, nur
halt für Alte!“ Jemand hatte Geburtstag, und man tat, was man tun musste: Man
verbrachte diesen auf einem Weingut am Main. Was erstmal klingt nach
Wildromantik, Abenden in weinumrankten Pergolen und Einsamkeit stellte sich
heraus als Ansammlung mobiler Reihenhäuser, die in Reih und Glied
Satellitenschüssel an Satellitenschüssel mir die Sicht auf das die Sicht auf
den Sonnenuntergang versperrende Windrad versperrten, derweil mir
mainfränkischer Sandboden in die Nase wehte: „Wir haben unseren Stellplatz erst
kürzlich erweitert und müssen noch Kleinigkeiten anpassen“ rief der Winzer
fröhlich und stapfte über frisch zerfurchten Ackerlehm davon, derweil die
Mädels – allsamt die 40 weit hinter sich gelassen – fröhlich schnatternd unser
gallisches Dorf aus Zelten, Autos und Transportern aufzumischten, um sich für diejenige
Unternehmung bereit zu machen, für die die Region berühmt ist:
seniorengruppenweise die Weinberge nach Heckenwirtschaften zu durchpflügen und
Bacchus zu huldigen, um sich im Anschluss im heimischen Weingut niederzulassen
und dort weiter zu huldigen. Mit dabei: die persönliche und aus
magentechnischen Gründen sehr abstinente Chronistin = ich. Nach vier Flaschen
Wein – pro gewanderten Kilometer eine zur Belohnung – ging’s zur Probe. Der
fröhliche Winzer sprach: „Sechs Weiße, drei Rote, zwei Secco, der Rotling und
dann halt noch die Schnapskarte!“ Ich hab das dann mal mitnotiert: „1.
Hofschoppen: milde Essignote, alkoholisch im Abgang; 12g Restzucker 2. Müller-Thurgau:
sauer; 1g Restzucker 3. Roter Traubensaft: intensiver Tabakgeruch, Geschmack
mild und marmeladig 4. Bergsecco: riecht nach Alkohol, schmeckt nach Alkohol;
Saft drauf - lecker (Gläser werden merklich voller) 5. Rotling: spaltet die
Gemüter, große Uneinigkeit; ggfs. ungünstige Kombination mit großer Wurst- und
Käse-Platte; „wenn die Wurst dicker ist als das Brot ist egal wie dick der
Teufel ist.“ 6. Riesling: keine Reaktion = vereint im Glück. Wein für
Fortgeschrittene Trinker laut Chef. Babs gründet „Riesling Ultras“; 7.
Muskateller: erneute Uneinigkeit, zu süß oder grade recht? Riecht süß und nach
Honig, schmeckt nach Parfum 8. Lieber mehr Riesling 9. Sabine schmeckt alles.
10. Silvaner vergessen, einzelne Teilnehmer sind jedoch sicher dass es Silvaner
gab. 11. Gin, Schlehe, Walnuss, Zwetschge – möchte sofort auf Tisch klopfen und
Kapsel auf Nase setzen. Nüchtern. 12. Zitat Mangold: “Beim Bier hast am
nächsten Tag Kopfweh auf Arbeit, beim Wein hingegen geht's dir gut auch nach
drei, vier Flaschen.“ Wird sich zeigen.“ Nach diesem Fanal war die Stimmung
blendend, man machte sich auf zum Camp, um dort frenetisch weiterzufeiern.
Kurze Zeit fand ich mich inmitten eines Haufens aus Ermattung, Fleecedecken und
„Bitte keine Musik jetzt.“ Weinprobe, das Festival des Alters. Keep on Rockin!
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