Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei,
dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür! Ok, das ist jetzt
natürlich eine arg verkürzte Fassung vom schrööcklich langen Warten auf das
Christkind, auf dass es mir mit einem Glöcklein klingle und all meine
(materiellen) Wünsche erfülle. Weil wir wissen natürlich: 24 aufregende und
durchaus auch enttäuschende Etappen gilt es zu überwinden, bevor am Ende der
Türchen ein besonders großes, aber nicht minder geschmackarmes Stück Schokolade
zweifelhafter Qualität aus dem Karton gedrückt werden kann. Adventskalender,
der: „zeigt […] die verbleibenden Tage bis Weihnachten an.“
Dies kann er in unterschiedlichster Form tun. Da wäre natürlich zum einen
besagte schokoladene Enttäuschung, an deren Ende oft ein Kuchen steht, weil
irgendwie muss man die gegossenen Glöcklein, Elflein und Bäumlein ja doch
verarbeiten. Dann gibt es den hingebungsvoll selbstgenähten aus der Kindheit,
in dem sich Sackerl für Sackerl allerlei Leckeres, Nützliches und mit Glück
auch Süßes befindet – und das große Staunen, wie das alles wohl dort
hineingekommen sein mag. Dieser Magie ist vermutlich die Sehnsucht geschuldet,
auch im Erwachsenenalter von dem Wunderkalender durch den Advent begleitet zu
werden, und deswegen ist der Markt für die Großen in dem Segment enorm
gewachsen: Ganze Parfümerien und Autohandlungen werden in Schachteln und Formen
gestopft, um dann 24 Tage für große Augen zu sorgen, wobei man diese Varianten
entweder (faul) im Laden erwerben kann oder in stunden- und tagelanger
Sorgfaltsarbeit (fancy) und unter Aufbietung des halben Weihnachtsgeldes selbst
gestalten und befüllen. Das alles ist aber kein Vergleich zu der
Sorgfaltsarbeit, zu der sich in den vergangenen Jahren immer mehr Eltern selbst
verpflichten und einen lustigen kleinen Weihnachtswichtel daheim installieren.
Der kommt nachts, veranstaltet allerhand Unfug und hinterlässt neben
zahlreichen Spuren natürlich auch täglich ein Geschenklein. Elternmenschen
kriechen also Nacht für Nacht auf allen Vieren durch Wohnungen und ersinnen
Szenarien, die einen Roland Emmerich vor Neid erblassen lassen: Einbrüche
werden fingiert, Fußspuren getapst, Unfälle behauptet und der Interimsmitbewohner
Nacht für Nacht zum Leben erweckt. Mein Adventskalender ist auch lebendig, und
er ist, ich schwör’s, der entzückendste, den die Welt jemals gesehen hat. Abend
für Abend betritt er mein Wohnzimmer, wo ich bereits freudig warte. Der
Adventskalender schüttelt sich und rüttelt sich und führt ein kleines Tänzlein
auf und reckt mir all seine 24 Hosen- und Jackentaschen entgegen als Zeichen
für mich: Türl öffnen, los! Dann darf ich suchen – und finde Schoki, Gummibärln
und Riegelchen. So schön war ein Adventskalender noch nie! Ach übrigens: Und
wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt!